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OLG Karlsruhe, Urteil vom 02.02.2023, 12 U 194/22
Schützenswertes Vertrauen auf Ersatz von Behandlungskosten in der privaten Krankenversicherung
1. In Ausnahmefällen kann in der privaten Krankenversicherung der Versicherer nach Treu und Glauben zum Ersatz von Behandlungskosten verpflichtet sein, obwohl sich diese als medizinisch nicht notwendig erweisen (Vertrauenshaftung). Dabei sind unter Berücksichtigung des Ausnahmecharakters strenge Anforderungen hinsichtlich des Umstandsmoments bzw. bei der Würdigung der Interessenlage zu stellen.
2. Im Ausgangspunkt ist eine vorbehaltlose Kostenerstattung über einen längeren Zeitraum grundsätzlich geeignet, beim Versicherungsnehmer das berechtigte Vertrauen darauf zu wecken, dass auch in Zukunft eine Erstattung weiter erfolgen werde. Auch dann ist aber ein Anspruch aus Vertrauensschutzgesichtspunkten nur unter weiteren besonderen Voraussetzungen zu bejahen.
OLG Hamm, Beschluss vom 23.01.2023 – 6 U 107/21
Wohnmobil / grobe Fahrlässigkeit / Teilkaskoversicherung / Diebstahl – Ehepartner muss nicht kontrollieren, ob der andere Ehepartner das Wohnmobil wirklich verschlossen hat
1. Grundsätzlich ist es nicht als grob fahrlässig im Sinne des § 81 Abs. 2 VVG zu bewerten, wenn ein Versicherungsnehmer nicht kontrolliert, ob seine Ehefrau seiner Aufforderung, das versicherte Wohnmobil abzuschließen, nachgekommen ist. Es obliegt vielmehr dem Versicherer im Rahmen seiner Darlegungs- und Beweislast Anhaltspunkte dafür vorzutragen, weshalb das unter Ehegatten als üblich anzusehende Vertrauen im konkreten Fall nicht angezeigt war.
2. Bei dem Abschluss eines Kfz-Teilkasko-Versicherungsvertrages eines Ehegatten für ein Wohnmobil handelt es sich jedenfalls dann nicht um ein Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie i.S.v. § 1357 Abs. 1 BGB, wenn die Beteiligung des anderen Ehegatten lediglich darin besteht, das Wohnmobil zu Urlaubs- und Freizeitzwecken mit zu nutzen.
Quelle → VOLLTEXT / OLG HAMM
BGH, Urteil vom 20. März 2020 – V ZR 61/19
Keine Aufklärungspflicht über Kündigung der Gebäudeversicherung durch Verkäufer ? unter bestimmten Voraussetzungen gleichwohl Nebenpflicht zur Unterrichtung des Käufers
Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks muss den Käufer grundsätzlich nicht ungefragt darüber unterrichten, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine Gebäudeversicherung besteht; ebensowenig muss er ihn über eine nach Vertrags-schluss erfolgte Beendigung einer solchen Versicherung informieren. Dies gilt auch dann, wenn eine Gebäudeversicherung nach der Verkehrsanschauung üblich ist.
Erklärt der Verkäufer dagegen vor oder bei Abschluss des Kaufvertrages, dass eine Gebäudeversicherung besteht und wird das Versicherungsverhältnis vor Umschreibung des Eigentums beendet, trifft ihn in aller Regel die vertragliche Nebenpflicht, den Käufer hierüber unverzüglich zu unterrichten.
OLG Celle, Urteil vom 07.04.2021, 14 U 135/20
Hauptwasserhahn in Praxisräumen ist abends nicht vorsorglich abzusperren
1. Ein grob fahrlässiges Verhalten des VN kann zu einem anspruchsmindernden, ggf. sogar anspruchsausschließenden, Mitverschulden führen, das der Schuldner dem VR entgegenhalten kann.
2. Das Abdrehen des Hauptwasserhahns stellt keine Obliegenheit dar, die der VN nach dem Verlassen einer Wohnung vornehmen muss, um einem Schaden aus einem Rohrbruch entgegenzuwirken, wenn keinerlei Anhaltspunkte für einen drohenden Schaden bestehen.
3. Gegen versteckte mangelhafte Werkleistungen muss ein VN keine Vorkehrungen treffen.
BGH, Urteil vom 31.03.2021, IV ZR 221/19
Der gegnerische Vortrag darf Eintritt des Rechtsschutz-Versicherungsfalls nicht bestimmen
Soweit § 4 (1) Buchst. c) ARB 2016 der Klägerin (gemeint ist hier die Rechtsschutzversicherung; Anm. von uns) die Bestimmung des so genannten verstoßabhängigen Versicherungsfalles auch von den gegnerischen Tatsachenbehauptungen im Ausgangsstreit abhängig macht, benachteiligt die Klausel den Versicherungsnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Folgende Klausel des Rechtsschutzversicherers war streitgegenständlich:
Hierbei berücksichtigen wir
alle Tatsachen (das heißt konkrete Sachverhalte im Gegensatz zu Werturteilen),
die durch Sie und den Gegner vorgetragen werden,
um die jeweilige Interessenverfolgung zu stützen.
BGH, Urteil vom 26. Februar 2020 – IV ZR 235/19
Sturmflutschaden – Ausschluss für Schäden greift nicht bei nur mittelbarer Auswirkung
Der in einer Versicherung für Überschwemmungsschäden enthaltene Ausschluss für Schäden durch Sturmflut in § 8 Nr. 4 a) bb) ECB 2010 greift nicht ein, wenn die Schäden nicht unmittelbar durch eine Sturmflut verursacht wurden, sondern sich lediglich als mittelbare Auswirkung darstellen (hier: 16 km entfernt von der Küstenlinie kommt es zu einer Überschwemmung durch zurückgestautes Flusswasser).
Aus den Gründen (zur Auslegung des Begriffes “Sturmflut” – hier helfen ganz old school Duden und Brockhaus):
Von vornherein unerheblich für die Auslegung des Begriffs der Sturmflut an der Ostseeküste sind mithin Klassifizierungen, wie sie in einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht bekannten Einstu-fungen nach der DIN oder behördlichen Regelungen vorgenommen werden. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird vielmehr nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Sturmflut ein durch auflandigen Sturm bewirktes, außergewöhnlich hohes Ansteigen des Wassers an Meeresküsten und in Flussmündungen verstehen (vgl. hierzu http://www.duden.de/rechtschreibung/sturmflut; http://brockhaus.de/ecs/enzy/article/sturmflut, je Stand: 26. Februar 2020).
OLG Bamberg, Urteil v. 22.10.2020, 1 U 427/19
Hausratversicherung / Brand / Pergola
Unter einem Raum eines Gebäudes ist jeder abgegrenzte und verschließbare Teil eines Gebäudes zu verstehen, der in verschlossenem Zustand Unbefugte abhält oder sie zwingt, eines der Mittel des erschwerten Diebstahls anzuwenden, um Zutritt zu erlangen (Anschluss an OLG Köln BeckRS 2011, 17083).
Eine Pergola ist in der Hausratversicherung nicht als Raum in einem Nebengebäude iSv § 10 Nr. 2 VHB 92 anzusehen.
Und ergänzend OLG Köln, Hinweisbeschluß vom 13. 1. 2005, 9 U 200/04: Ein Carport ist kein Raum eines Gebäudes i.S.d. § 5 Nr. 1 VHB 84.
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 24.11.2020 – 1 U 181/19
Nachweis der Mitursächlichkeit eines Sturms an Sachschäden
Nach zutreffender Auffassung ist der Nachweis der Mitursächlichkeit eines Sturms der Windstärke 8 für Sachschäden an versicherten Sachen bereits dann erbracht, wenn feststeht, dass am Schadensort der Wind mit einer solchen Stärke geweht hat und der Schaden in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit eingetreten ist. Es ist in diesen Fällen Sache des Versicherers, zu beweisen, dass der Schaden wegen zuvor schon vorhandener Substanzschäden an der versicherten Sache bereits bei Windstärke 7 oder weniger eingetreten ist, sofern er sich hierauf beruft.
Quelle → Volltext OLG Zweibrücken
OLG Dresden, Urteil vom 30.10.2018, 4 U 777/18
Erweiterte Hausratversicherung: Einbruch in Kfz und Entwendung von Gegenständen
1. Von einer bedingungsgemäßen Entwendung ist bei der erweiterten Hausratsversicherung auch dann auszugehen, wenn der Täter nicht nur in ein Kfz eingebrochen ist, um darin befindliche Gegenstände zu entwenden, sondern das Kfz aufgebrochen und einschließlich Gegenstände entwendet hat.
2. Die im Rahmen der Kfz-Versicherung entwickelten Beweisgrundsätze des “äußeren Bildes” sind auf die Hausratversicherung zu übertragen.
OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 06.03.2018 – 3 U 235/16
Anforderungen und Fristen an die ärztliche Feststellung der Invalidität in den AUB 2010
1. Die ärztliche Feststellung der Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfallereignis ist Anspruchsvoraussetzung für die Invaliditätsleistung.
2. Aus ihr muss sich ergeben, dass die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfallereignis festgestellt worden ist.
OLG Frankfurt / Main vom 21.02.2018, 3 U 56/17
Anforderungen an den Nachweis der medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung / Musterbedingungen Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK)
1. Der behandelnde Arzt ist als Zeuge kein geeignetes Beweismittel für die medizinische Notwendigkeit einer Heilbehandlung im Sinne des § 1 Abs. 2 MB/KK.
2. Es ist eine Frage des Einzelfalls, ob der behandelnde Arzt in den von ihm festgestellten Befunden als Zeuge zu vernehmen ist.
OLG München, Urteil vom 29.11.2018 – 32 U 1497/18
Anspruchsinhaberschaft hinsichtlich des Neuwertanteils der Versicherungsleistung aus einer Neuwertversicherung (“Übererlös”) beim Kfz-Finanzierungsleasing
Einem Leasingnehmer, dem im Leasingvertrag der Abschluss einer Fahrzeugvollversicherung zur Pflicht gemacht wird, steht der Anspruch auf die Versicherungsleistung aus dieser Versicherung (hier im Rahmen der Teilkaskoversicherung aufgrund eines Fahrzeugdiebstahls) auch nicht insoweit zu, als die Versicherungsleistung den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs deshalb übersteigt, weil der Leasingnehmer überobligationsmäßig den Neuwert des Fahrzeugs versichert und der Versicherer den Schaden auf Neupreisbasis reguliert hat (offen gelassen von BGH BeckRS 2008, 00129 Rn. 18).
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.11.2018, 2-23 O 390/17
Falsche Belehrung in den Verbraucherinformationen (Widerrufsbelehrung) wird nicht durch richtige Belehrung an anderer Stelle geheilt (sich widersprechende Belehrungen)
Eine in den Verbraucherinformationen enthaltene (falsche) Belehrung ist nicht deshalb unerheblich, weil sich im Policenbegleitschreiben eine zutreffende Frist findet. Ein Policenbegleitschreiben vermag die zeitlich gleichzeitig erteilte falsche Widerrufsbelehrung in den Verbraucherinformationen nicht zu korrigieren. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Verbraucher sich nur an einer Stelle der Vertragsunterlagen über sein Widerrufsrecht informiert.
OLG Hamburg, Urteil vom 27.09.2018, 1 U 2/18 (aus r+s 2019, 120)
Versicherungsmakler – Beratungspflicht während Vertragslaufzeit
1. Der Versicherungsmakler hat den VN während der gesamten Vertragslaufzeit über eine Anpassung des Versicherungsschutzes aufgrund von außerhalb der Sphäre des VN liegenden Veränderungen zu beraten. Bei Veränderungen in der Sphäre des VN (z. B. Neuanschaffungen, Werterhöhungen, neue Gefahrenpotenziale) hat der Versicherungsmakler nur zu beraten, wenn ihm diese bekannt werden.
2. Zu einer laufenden, mindestens einmal jährlich durchzuführenden Bestandsaufnahme und Überprüfung der Versicherungsverhältnisse ist der Versicherungsmakler nicht verpflichtet.
OLG Köln, Urteil vom 20.11.2018, 9 U 32/18
Zahlt die Krankentagegeldversicherung fortlaufend das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld, ohne die medizinisch notwendige Heilbehandlung der versicherten Person in Abrede zu stellen, so sind diese Zahlungen als Anerkenntnis des Versicherungsfalls zu werten.
OLG Nürnberg, Urteil vom 02.05.2019, 13 U 1296/17
Kaskoversicherung – grobe Fahrlässigkeit bei (erheblicher) Überschreitung der Richtgeschwindigkeit
Wer ein Kraftfahrzeug mit einem weit über der Richtgeschwindigkeit liegenden Tempo fährt – hier 200 km/h –, muss in besonderem Maße seine volle Konzentration auf das Verkehrsgeschehen richten.
Schon die kurzzeitige Ablenkung durch Bedienung des sog. Infotainmentsystems (Navigationssystem) kann bei derartigen Geschwindigkeiten den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit begründen, mit der Folge eines zumindest teilweisen Verlustes der Haftungsfreistellung in den einer Kaskoversicherung nachgebildeten Bedingungen eines Mietvertrags.
Das Vorhandensein eines sog. Spurhalteassistenten reduziert den in einem entsprechenden Verhalten liegenden Schuldvorwurf zumindest bei derartig hohen Geschwindigkeiten nicht.
Ergebnis hier: OLG verurteilt Fahrer auf den Regress der Kaskoversicherung in Höhe von 50 %
Quelle: https://www.iww.de/quellenmaterial/id/208946
LG Saarbrücken, Urteil vom 02.08.2018, 14 O 63/16
Sturmschaden an bereits schadhaften Dach
Ist nach den Feststellungen eines Gerichtssachverständigen die Regensicherheit eines Dachs bereits vor einem Sturm nicht gegeben, bestehen für den Versicherungsnehmer aufgrund von Sturmschäden weder Ansprüche aus einer Gebäude-, noch aus einer Hausratsversicherung.
Quelle: LSK 2018, 19026 (beck-online)
OLG Rostock, Urteil vom 01.02.2018, 3 U 94/15
Regressverzicht des Gebäudeversicherers auch zugunsten der Mieter eines versicherten Ferienhauses
Wird der Brand eines Ferienhauses fahrlässig durch dessen Mieter oder eine zur Nutzung mitberechtigte Person verursacht, erstreckt sich der von der Rspr. angenommene konkludente Regressverzicht der VR des Vermieters auch hierauf.
Quelle → OLG Rostock Wohngebäudehaftpflicht Regressverzicht Ferienhaus
Siehe hierzu auch das nachfolgende Urteil des BGH:
BGH, Urteil vom 20.12.2006, VIII ZR 67/06
Der Mieter, der infolge einfacher Fahrlässigkeit einen Brandschaden an den vermieteten Räumen verursacht hat, ist regelmäßig vor einem Rückgriff des Gebäudefeuerversicherers geschützt,
weil eine ergänzende Auslegung des Versiche-rungsvertrages, den der Vermieter mit dem Gebäudefeuerversicherer abgeschlossen hat, einen konkludenten Regressverzicht für derartige Fälle ergibt (BGHZ 145, 393, 398 ff.). Das ist … auch dann nicht anders, wenn – wie im vorliegenden Fall – für den Mieter eine Haftpflichtversicherung besteht, die für den Brandschaden ebenfalls eintrittspflichtig wäre (BGH, Urteil vom 13. September 2006 – IV ZR 273/05, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, VersR 2006, 1536 = WuM 2006, 627, unter B I 2; vgl. auch bereits BGHZ 145, 393, 399; BGH, Urteil vom 14. Februar 2001 – VIII ZR 292/98, VersR 2001, 856 unter 2 b und c).
Die Klägerin kann demnach bei der Beklagten wegen des Brandschadens nur dann Regress nehmen, wenn die Beklagte den Brand durch grobe Fahrlässigkeit verursacht hat.
LG Frankfurt a. M., Urteil vom 16.11.2018 – 2-08 O 41/18
Eintritt einer Reiserücktrittskosten- und Reiseabbruchversicherung auch bei bei Reisebuchung bekannter Schwangerschaft
Wird in den Versicherungsbedingungen einer Reiserücktrittskosten- und Reiseabbruchversicherung bei den Regelungen zur Abbruchversicherung ungefiltert auf die Regelungen zur Rücktrittsversicherung verwiesen, in denen als Rücktrittsgrund auch Schwangerschaft genannt ist, darf die Versicherungsnehmerin dies so verstehen, dass auch eine bei Reisebuchung bereits bestehende und bekannte Schwangerschaft darunter fällt und dass auch Schwangerschaftskomplikationen, die eine Fortsetzung der angetretenen Reise unvertretbar machen, vom Versicherungsschutz umfasst sind.
Quelle: Leitsatz aus BeckRS 2018, 45322
OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 10. 2008 – 4 U 12/08
Fahrzeugteilversicherung bei Pkw-Brand wegen Benzin- statt Dieseltankens
Der Versicherungsausschluss für Betriebsschäden gilt nicht in der Fahrzeugteilversicherung. Erleidet der Versicherungsnehmer einer Fahrzeugteil- und Fahrzeugvollversicherung einen Brandschaden seines Pkw wegen einer Überhitzung des Katalysators, die auf ein Betanken mit Otto-Kraftstoff statt Diesel zurückzuführen ist, steht ihm die Versicherungsleistung auf Grund der Fahrzeugteilversicherung zu.
Das Vergreifen in der Zapfsäule beim Betanken eines Pkw durch den Versicherungsnehmer stellt zumindest dann, wenn die nebeneinander liegenden Zapfpistolen noch nicht durchgehend farblich deutlich gekennzeichnet sind, kein grob fahrlässiges Herbeiführen des Versicherungsfalls dar.
Quelle: Leitsätze aus NJW-RR 2009, 610
OLG Jena, Urteil vom 19.09.2019 – 4 U 208/19
Ausschluss für (mit)beförderte Gegenstände (hier Rollstuhl) in der KFZ-Haftpflichtversicherung nach AKB 2008
Die Regelung in A 1.5.5 AKB 2008 bedeutet, dass grundsätzlich alle Schäden an Sachen, die in dem verunfallten Fahrzeug „befördert“, also mitgenommen, werden, von dem Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, sofern keine Ausnahme nach A 1.5.5 Satz 2 und Satz 3 AKB 2008 eingreift.
Unter „Befördern“ ist nicht nur der Transport zu unternehmerischen Zwecken zu verstehen, sondern auch, wenn das Fahrzeug im privaten Bereich als Transportmittel verwendet wird.
Für die Anwendung des Ausschlusstatbestands genügt, wenn das Fahrzeug auch zum Transport bzw. zur Mitnahme von Sachen, etwa von Gepäckstücken, genutzt wird.
Bei einem im Wohnwagen mitgeführten elektrisch betriebenen Rollstuhl mit einem Gesamtgewicht von über 40 kg handelt es sich nicht um eine Sache, die „Insassen eines Fahrzeugs üblicherweise mit sich führen“ im Sinne von Satz 2 der Klausel A 1.1.5 AKB 2008.
Der Versicherungsnehmer, der den Rollstuhl für eigene Zwecke mitführte, ist als Fahrer des verunglückten Kraftfahrzeugs keine beförderte Person im Sinne von Satz 3 der Klausel 1.5.5 AKB 2008.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 26.06.2019 – 5 U 89/18
Arglistige Täuschung bei den “Gesundheitsfragen” – “Bronchitis” statt chronische Lungenentzündung
Gibt der Versicherungsnehmer auf Nachfrage an, einige Jahre vor Antragstellung an einer „Bronchitis“ gelitten zu haben, die sich über „drei Wochen“ in „starkem Husten“ geäußert habe, obschon er seit langem an einer chronischen Lungenerkrankung litt, verschweigt er außerdem in diesem Zusammenhang erfolgte fachärztliche Behandlungen, Untersuchungen und Verordnungen und erklärt er sich unzutreffend zu seiner Eigenschaft als Raucher, so kann der Vorwurf einer arglistigen Täuschung gerechtfertigt sein.
OLG Dresden, Beschluss vom 22.11.2019, 4 U 2082/19
Keine Leistungskürzung auf Null bei unverschlossenem Abstellen des Fahrzeugs mit steckendem Zündschlüssel
Eine Leistungskürzung auf Null wegen der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls kommt nur ausnahmsweise in Betracht; dass das Fahrzeug unverschlossen und mit Fahrzeugschlüssel im Zündschloss abgestellt wird, reicht hierfür jedenfalls dann nicht aus, wen dies für Dritte auch aufgrund des Abstellorts nicht sofort zu erkennen ist.
Richtig, dass laut BGH vom 22.06.2011 (Az.: IV ZR 225/10) eine Leistungskürzung des Versicherers auf Null nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommt.
Im vorliegenden Fall durfte der KASKO-Versicherer aber die Leistung um satte 75 % kürzen.
OLG Braunschweig, Beschluss vom 16.01.2020, 11 U 131/19
Schadensanzeige für Kaskoversicherung lieber sofort!
Wer einen Verkehrsunfall hat, sollte dies seiner Vollkaskoversicherung lieber gleich anzeigen. Erfolgt die Schadensanzeige nämlich erst, wenn die in den Versicherungsbedingungen geregelte Meldefrist schon verstrichen ist, geht der Versicherungsnehmer unter Umständen leer aus.
Hierauf hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig in einem Beschluss vom 16.01.2020 hingewiesen (Az. 11 U 131/19).
In dem Verfahren hatte die Klägerin die Beklagte als ihre Vollkaskoversicherung nach einem Verkehrsunfall in Anspruch genommen. Weil die Klägerin den Verkehrsunfall aber nicht innerhalb der Wochenfrist, sondern erst über ein Jahr später bei der Versicherung angezeigt hatte, ging sie leer aus. Der 11. Zivilsenat führte in seinem Hinweisbeschluss aus, dass die Versicherungsnehmerin mit der verspäteten Anzeige gegen ihre Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag verstoßen habe. Dass sie zunächst die berechtigte Erwartung gehabt habe, der Unfallgegner werde für den Schaden aufkommen, ändere daran nichts. Die Meldefrist fange mit dem versicherten Ereignis zu laufen an, unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer sich entschließe, seine Kaskoversicherung in Anspruch zu nehmen.
Durch die verspätete Meldung habe die Versicherung den von der Klägerin behaupteten Unfallhergang nicht mehr überprüfen können. Weil die Klägerin ihr beschädigtes Fahrzeug bald nach dem Unfall veräußert habe, sei auch eine Besichtigung des Fahrzeugs nicht mehr möglich gewesen.
Die Versicherungsnehmerin nahm ihre Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Braunschweig nach dem Hinweisbeschluss zurück.
Quelle: OLG Braunschweig zu Schadenanzeige sofort
OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 12.02.2020, 2 U 43/19
Umdrehen zum Kind auf dem Rücksitz während der Fahrt ist grob fahrlässig
Das vollständige Umdrehen während der Fahrt auf der Autobahn im stockenden Verkehr zu einem auf dem rechten Rücksitz befindlichen achtjährigen Kind ist grob fahrlässig.
Es stellt eine „einfachste ganz naheliegende Überlegung“ dar, dass ein Kraftfahrer die vor ihm befindliche Fahrspur beobachten muss, um möglicherweise in hohem Maße gefährliche Situationen zu vermeiden, entschied das OLG Frankfurt/M.
Gegen die besonders schwere Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt spreche auch nicht, dass der Beklagte befürchtete, sein Sohn habe einen gefährlichen Gegenstand, möglicherweise ein Messer in der Hand.
BGH, Urteil vom 08.01.2020, IV ZR 240/18
Eine Unfallversicherungsbedingung, nach der Krankenhaustagegeld bei einem Aufenthalt in Sanatorien, Erholungsheimen und Kuranstalten entfällt, schließt diesen Anspruch auch für den Aufenthalt in einer Rehaklinik aus.
LG Frankfurt a. M., Urteil vom 21.02.2020 – 2-08 S 12/19
Eine Modellrakete, die zur Freitzeitgestaltung gestartet wird, ist kein Luftfahrzeug.
Quelle: LG FFM Modellrakete Haftpflicht
BGH, Urteil vom 21.04.2010, IV ZR 308/07
Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen (im Rahmen einer Betriebsunterbrechungsversicherung)
Aus den Gründen:
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGHZ 153, 182 [185] = NJW 2003, 826; BGHZ 123, 83 [85] = NJW 1993, 2369 jeweils m.w. Nachw.).
Bei einer Betriebsunterbrechungsversicherung richtet sich die Auslegung nach dem in Unternehmerkreisen zu erwartenden Verständnis (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2004, 1104 = VersR 2004, 1264 [1265]).
LG Itzehoe, Urteil vom 02.08.2019, 3 O 41/19
Verspätung einer Deckungsablehnung durch Rechtsschutzversicherer / Bearbeitungsfrist von 2 bis 3 Wochen
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH verliert der Rechtsschutzversicherer sein Ablehnungsrecht, wenn er den Einwand der fehlenden Erfolgsaussichten nicht in der gebotenen Form und Frist erhebt (BGH, Urteil vom 20.07.2016 – IV ZR 245/15 – zitiert nach Juris bei Rn. 33; BGH, Urteil vom 19.03.2003 – IV ZR 139/01 – zitiert nach Juris bei Rn. 12).
Unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), bedeutet, dass die Ablehnung innerhalb des Zeitraums erfolgen muss und auch nur erfolgen kann, den der Versicherer bei sachgerechter, nicht schuldhaft verzögerter Prüfung für seine Entschließung benötigt (BGH, Urteil vom 19.03.2003 – IV ZR 139/01).
Zwar gibt es hierfür keine starre Frist, in Rspr. und Literatur wird aber regelmäßig auf eine Bearbeitungszeit von zwei bis drei Wochen ab vollständiger Information des Rechtsschutzversicherers abgestellt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 09.07.1997 – 7 U 210/96 – NJW-RR 1997, 1386, 1387; OLG Köln,- r+s 1991, 419, 420; Schmitt in Harbauer, Rechtsschutzversicherung: ARB, 9. Aufl. § 3a ARB 2010 Rn. 7 m.w.N.).
OLG Dresden, Urteil vom 12.05.2020, 4 U 2047/19
Der Austritt von Wasser aus der Zuleitung eines Zahnarztstuhles ist ein versicherter Leitungswasserschaden.
Die Feststellungsklage gegen einen Gebäudeversicherer ist auch dann zulässig, wenn in den Versicherungsbedingungen ein Sachverständigenverfahren zur Schadenshöhe vorgesehen ist.
KG Berlin, Urteil vom 29.05.2020 – 6 U 102/19
Leistungspflicht des KFZ-Haftpflichtversicherers nach Erteilung einer sog. “Blanko”-eVB (elektronische Versicherungsbestätigung)
Auch wenn ein Hauptvertrag über eine Kfz-Versicherung nicht zustande gekommen ist, weil im Versicherungsantrag ein anderes Fahrzeug ausgewiesen wurde als im Versicherungsschein und der Versicherungsnehmer das darin liegende neue Angebot mangels Prämienzahlung nicht angenommen hat, so bleibt die Leistungspflicht des Kfz-Haftpflichtversicherers aus der vorläufigen Deckung bestehen, wenn das den Unfall verursachende Fahrzeug mit einer «blanko» erteilten elektronischen Versicherungsbestätigung zugelassen wurde.
OLG Dresden, Beschluss vom 27.07.2020, 4 U 2751/19
Krankentagegeldversicherer darf Tagebuchaufzeichnungen des Versicherungsnehmers nicht einsehen
Tagebuchaufzeichnungen einer Partei, die in einem medizinischen Sachverständigengutachten ausgewertet werden, müssen der anderen Partei regelmäßig nicht zugänglich gemacht werden. Gelangen sie zur Gerichtsakte, besteht kein Anspruch auf Einsicht.
OLG Schleswig, Urteil vom 13.07.2020, 16 U 137/19
Verletzung von Treuepflichten eines Vollkaskoversicherers bei Nichtherausgabe eines bereits eingeholten Schadensgutachtens
Aus den Gründen:
Der Versicherer ist nach den auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützten Pflichten der Vertragsparteien zur gegenseitigen Unterstützung und zur Mitwirkung bei der Erreichung der Ziele der anderen Partei verpflichtet, dem Versicherungsnehmer ein vorliegendes Schadensgutachten zur Verfügung zu stellen, wenn der Versicherungsnehmer ihn hierzu auffordert und für den Versicherer das verfolgte Ziel des Versicherungsnehmers ersichtlich ist.
Aber:
Ein nicht einstandspflichtiger Vollkaskoversicherer verletzt gegenüber dem Versicherungsnehmer, dem er ein ihm vorliegendes Schadensgutachten nicht unaufgefordert übersendet, weder eine versicherungsvertragliche noch eine leistungsunabhängige Rücksichts- oder leistungsbezogene Treuepflicht.
Ein Vollkaskoversicherer ist nach § 810 BGB jedenfalls nicht ohne Geltendmachung eines Einsichtsrechts durch den Versicherungsnehmer verpflichtet, diesem Einsicht in ein Schadensgutachten zu gewähren oder ihm dasselbe zu überlassen.
Quelle: Justiz Schleswig-Holstein
OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 20.11.2019 – 12 U 42/19
Leistungsfreiheit des Gebäudeversicherers für frostbedingten Leitungswasserschaden bei nicht genutzten Gebäuden
Verletzt der Versicherungsnehmer einer Wohngebäudeversicherung die in den VGB vereinbarte Sicherheitsvorschrift, nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten, und kommt es infolgedessen aufgrund Frosteinwirkung zu einem Leitungswasserschaden, kann auch bei lediglich grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung die Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers im Rahmen des § 28 Abs. 2 VVG eine Leistungskürzung auf Null aufgrund einer Abwägung aller Umstände des konkreten Falles rechtfertigen (unter Hinweis auf OLG Frankfurt BeckRS 2013, 5179; s. auch BGH BeckRS 2012, 3581; jeweils zu § 81 Abs. 2 VVG).
… und dann der Sonderfall Veräußerung …
Im Falle der Veräußerung der versicherten Immobilie muss sich der Versicherungsnehmer zwischen Gefahrübergang und Vollendung des Rechtserwerbs das Verhalten des Käufers bzw. von ihm mit der Überwachung des Objekts betrauter Personen nach den Regeln der Repräsentantenhaftung zurechnen lassen (unter Hinweis auf OLG Hamm VersR 1981, 1173).
Quelle: beck-online / BeckRS 2019, 48103
BGH, Urteil vom 09.09.2020, VIII ZR 389/18
Neuwertspitze aus Vollkaskoversicherung gebührt dem Leasingnehmer
Bei vorzeitiger Beendigung eines Kraftfahrzeug-Leasingvertrags (hier aufgrund Diebstahls des Fahrzeugs) steht die den Wiederbeschaffungs- und den Ablösewert übersteigende Neuwertspitze einer Versicherungsleistung aus einer vom Leasingnehmer auf Neupreisbasis abgeschlossenen Vollkaskoversicherung nicht dem Leasinggeber, sondern dem Leasingnehmer zu (Fortentwicklung von Senatsurteil vom 31. Oktober 2007 – VIII ZR 278/05, NJW 2008, 989 Rn. 18).
Volltext unter ⇒ BGH VIII ZR 389/18
OLG Saarbrücken, Urteil vom 12.02.2020, 5 U 42/19
Berufsunfähigkeit eines Tennislehrers; Vermögensverwaltung – zusätzlicher Beruf
Kann ein prägendes Kernelement der Berufstätigkeit nicht mehr bewältigt werden, entfällt die Fähigkeit zur Ausübung des Berufs insgesamt, selbst wenn der hierauf entfallende zeitliche Aufwand weniger als die Hälfte der gesamten Tätigkeit in Anspruch genommen haben sollte.
Ein selbständiger Tennislehrer, der wegen einer chronisch entzündlichen, fortschreitenden Erkrankung des rechten Handgelenks und daraus resultierendem Belastungsschmerz nicht einmal mehr zu einem einzigen längeren Ballwechsel imstande ist, kann seinen Schülern das Tennisspiel nicht mehr beibringen und ist als bedingungsgemäß berufsunfähig anzusehen.
Erzielt der beruflich Tätige zusätzliche Einkünfte aus seinem Vermögen, insbes. etwa aus vermieteten Immobilien, ist dies zunächst keine Berufsausübung. Ausnahmsweise kann anderes gelten, wenn der Umfang der Vermögensverwaltung einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert, denn dann handelt es sich nicht mehr um eine reine Freizeitbeschäftigung.
Quelle: r+s 2020, 652
KG Berlin, Beschluss vom 15.07.2014, 6 U 190/13
Deckungsklage gegen die Hausratversicherung: Verletzung der Auskunftspflicht durch den Versicherungsnehmer bei Fragen zu seiner finanziellen Situation
Möchte ein Hausratversicherer, dem ein Schadensfall (Zerstörung des Hausrats bei einer Gasexplosion) angezeigt wurde, Auskünfte über die finanzielle Situation des Versicherungsnehmers haben und wissen, ob und gegebenenfalls wo in welcher Höhe Schulden bestehen, so muss der Versicherungsnehmer auch die auf einem Kreditkartenkonto gebuchten Verbindlichkeiten angeben.
Ein Versicherungsnehmer handelt widersprüchlich, wenn er einerseits Angaben gegenüber dem Versicherer gemacht hat, andererseits sich darauf beruft, gesundheitlich derartig angeschlagen gewesen zu sein, dass er zu korrekten Angaben nicht in der Lage gewesen sei.
Stellte sich im streitgegenständlichen Zeitraum die finanzielle Situation des Versicherungsnehmers so dar, dass beträchtliche Verbindlichkeiten bestanden, vermag eine Verbesserung der Finanzsituation (hier: durch eine Erbschaft) eine (versuchte) arglistige Täuschung nicht nachträglich ungeschehen zu machen.
Quelle → KG Berlin 6 U 190/13
Siehe hierzu auch → OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.4.2016 – 9 W 10/16 zur arglistigen Täuschung durch Verschweigen einer eidesstattlichen Versicherung
BGH, Urteil vom 5. Juli 2017 – IV ZR 121/15
Datenerhebung aufgrund rechtswidrig erlangter Schweigepflichtentbindung / Arglistanfechtung
§ 213 VVG steht der Zulässigkeit so genannter allgemeiner Schweigepflichtentbindungen nicht entgegen. Der Versicherer darf im Rahmen seiner Leistungsprüfung dem Versicherten die Erteilung einer solchen Erklärung aber regelmäßig nicht abver-langen (Fortführung des Senatsurteils vom 22. Februar 2017 IV ZR 289/14, r+s 2017, 232).
Auch nach Inkrafttreten des § 213 VVG ist in Fällen der Datenerhebung ohne ausreichende Rechtsgrundlage, insbesondere bei Nichtbeachtung der Vorgaben des § 213 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und 4 VVG, sachlich-rechtlich zu prüfen, ob der Versicherer nach § 242 BGB gehindert ist, sich auf die Ergebnisse seiner Ermittlungen zu berufen und insbesondere darauf gestützt von dem Gestaltungsrecht der Arglistanfechtung Gebrauch zu machen (Fortführung des Senatsurteils vom 28. Oktober 2009 – IV ZR 140/08, r+s 2010, 55).
KG Berlin, Beschluss vom 28.08.2020, 6 U 58/19
Hineinfahren in Wasseransammlung (Überschwemmung) – “Motorschlag” als Unfall im Sinne der AKB
Der Senat würde auch bei einem Hineinfahren in eine Wasseransammlung, was in der Folge zu einem sogenannten „Motorschlag“ führt, weil der Motor Wasser ansaugt, einen Unfall bejahen; denn der Anprall auf eine Wasserfläche mit einem Fahrzeug ist nicht anders zu würdigen als der Anprall gegen einen festen Gegenstand. In beiden Fällen liegt ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis vor.
Quelle → KG Berlin . Motorschlag als Unfall nach den AKB
OLG Schleswig, Urteil vom 28.09.2020, 16 U 53/20
Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen für Sportprothesen in der privaten Krankenversicherung
Wenn für die Erstattungsfähigkeit eines Hilfsmittels (hier: Sportprothese für Unterschenkel) gefordert ist, dass es eine körperliche Beeinträchtigung unmittelbar mildert oder ausgleicht, so wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer annehmen, dass eine Erstattungsfähigkeit gegeben ist, wenn das Hilfsmittel dazu geeignet ist, seine normalen (gesunden) Körperfunktionen wiederherzustellen oder sich dem jedenfalls anzunähern.
Zu der gewöhnlichen Funktion eines Unterschenkels gehört es auch, damit zu laufen und zu springen oder zu schwimmen und Bewegungsspiele auszuüben; derlei Betätigung ist Ausdruck normaler, zulässiger und weit verbreiteter Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, weshalb Hilfsmittel zu erstatten sind, die diese Funktionen wiederherstellen.
Will ein Versicherer Hilfsmittel für etwas so weit Verbreitetes wie den Sport ausschließen oder begrenzen, ist dies unzweideutig in den Bedingungen zum Ausdruck zu bringen.
OLG Dresden, Beschluss vom 07.12.2020, 4 U 1691/20
Folgen verspäteter Schadensanzeige in der Kaskoversicherung
Ist nach den maßgelblichen Versicherungsbedingungen in der Kaskoversicherung ein Versicherungsfall innerhalb einer Woche anzuzeigen, hat der Versicherungsnehmer innerhalb dieser Frist zugleich die wesentlichen, den Versicherungsfall begründenden Tatsachen mitzuteilen. Hierzu gehören Angaben zu Ort und Zeit des Versicherungsfalls und die Bezugnahme auf einen bestimmten Versicherungsvertrag.
Die Beweislast für die Behauptung, dass sich eine verspätete oder unzureichende Anzeige des Versicherungsfalls nicht ausgewirkt hat, trägt der Versicherungsnehmer.
Der Versicherer hat aber im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast vorzutragen, was er bei rechtzeitiger Meldung getan hätte. Die pauschale Behauptung des Verlusts eigener Erkenntnismöglichkeiten genügt hierfür nicht.