Dass das Versicherungsrecht auch so richtig bunt ist, zeigt der Blick in die Gerichte und deren Entscheidungen…
BGH, Urteil vom 25.09.2024, IV ZR 350/22
Wohngebäudeversicherung und Transparenzgebot
Eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung,
die dem Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalls die Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften aufgibt,
verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
OLG Bremen, Beschluss vom 21.08.2024 – 3 U 46/23
Reisekrankenversicherung als “Nebenprodukt” eines
Kreditkartenvertrages – Klausel intransparent?
Eine Klausel in einer als Nebenprodukt eines Kreditkartenvertrags abgeschlossenen Reisekrankenversicherung, wonach der Versicherungsschutz davon abhängt, dass die Reise unter Verwendung der Kreditkarte bezahlt wurde, ist weder intransparent noch überraschend.
Quelle: VRR 10/2024, Seite 2
OLG Dresden, Beschluss vom 18.07.2024, 4 U266/24
Unfallversicherung / Invaliditätsfeststellung / Fristen
Weist der private Unfallversicherer den Versicherungsnehmer nach einer Unfallanzeige unmissverständlich auf die vertraglichen Anspruchs- und Fälligkeitsvoraussetzungen hin und übersendet er zugleich das Formular einer ärztlichen Bescheinigung zur Ausfüllung durch den behandelnden Arzt, handelt er nicht treuwidrig, wenn er sich trotz eines innerhalb der Invaliditätsfrist eingegangenen Krankenhausentlassungsberichts, der sich zur Frage der Invalidität nicht verhält, auf den Fristablauf beruft.
LG Kiel, Urteil vom 23.5.2024 – 5 O 128/21
Cyberversicherung und fehlende Sicherheitsupdates (Antrags- und Risikofragen und arglistige Täuschung der Versicherung)
Wird in den Risikofragen vor Abschluss einer Cyberversicherung danach gefragt, ob alle stationären und mobilen Arbeitsrechner mit aktueller Software zur Erkennung und Vermeidung von Schadsoftware ausgestattet sind, wird ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer den Begriff des Arbeitsrechners weiter verstehen als den des bloßen Arbeitsplatzrechners und hierunter alle Computersysteme verstehen, die in dem Betrieb Funktionen, sei es als Eingabegerät oder als Server, wahrnehmen.
Wer die entsprechende Risikofrage und/oder diejenige nach der Durchführung von Sicherheitsupdates objektiv unrichtig beantwortet, weil er an veraltete Server „nicht gedacht“ habe, den Sicherheitszustand des IT-Netzwerkes indes leicht hätte überprüfen können, besitzt bewusste Unkenntnis, was den Tatbestand der arglistigen Täuschung erfüllt.
Quelle: Beck-Verlag / BeckRS 2024, 11432
BGH, Urteil vom 24.01.2024, IV ZR 306/22
Konkludente Zustimmung zum Beginn des Versicherungsschutzes
Die Zustimmung zum Beginn des Versicherungsschutzes vor Ende der Widerrufsfrist kann auch konkludent erklärt werden ( § 9 Abs. 1 Satz 1 VVG).
OLG Braunschweig, Beschluss vom 12.01.2024 – 2 U 106/22
Kein Anspruch auf Herausgabe einer Abschrift der Nachträge zu Versicherungsscheinen
Der Versicherungsnehmer hat keinen Anspruch auf Herausgabe einer Abschrift der Nachträge zu den Versicherungsscheinen für die letzten 10 Jahre. Der Anspruch aus § 7 Abs. 4 VVG ist lediglich auf eine schriftliche Mitteilung der Vertragsbestimmungen als solcher gerichtet, nicht aber auf die Herausgabe einer Abschrift sämtlicher Vertragsunterlagen, in denen sich neben anderen Informationen unter anderem auch Vertragsbestimmungen befinden. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Mitteilung von durch Vertragsänderungen überholten Vertragsbestimmungen.
Quelle: Beck-Verlag / beck-online / FD-VersR 2024, 001437
OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 06.12.2023, 18 U 53/22
Wohngebäudeversicherung – Verstoß der Obliegenheitsverletzung bei nicht genutzten Gebäuden
liegt vor, wenn der VN nicht alle Wasser führenden Anlagen und Einrichtungen abgesperrt, entleert und entleert gehalten hat. § 24 Ziff. 1b) VGB verlangt bei nicht genutzten Gebäuden und Gebäudeteilen, diese genügend häufig zu kontrollieren und alle Wasser führenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, d.h. es ist in jedem Fall das Entleeren der Leitungen erforderlich (OLG Celle, Urteil vom 7. Juni 2007 – 8 U 1/07, Rn. 44, juris; OLG Koblenz, aaO., Rn. 4). Das kann nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift weder durch eine genügend häufige Kontrolle noch durch irgendeine Form von Beheizen ersetzt werden (OLG Celle, aaO.).
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OLG Köln, Urteil vom 5.12.2023 – 9 U 46/23
Hausratversicherung: Erstattung der Kosten der Anmietung eines Wohnmobils
Kosten für eine einem Hotel ähnliche Unterbringung im Sinne von Abschn. A § 8 Nr. 1 Buchst c VHB 2014 (Wohnraumersatz für ein hier überflutetes Wohngebäude) können auch die Aufwendungen für die Anmietung eines Wohnmobils sein.
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BGH, Urteil vom 27.09.2023, IV ZR 177/22
DSGVO, BGB: Auskunftsanspruch über frühere Prämienanpassungen
a) Dem Versicherungsnehmer kann aus Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch über zurückliegende Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung zustehen, wenn er in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist.
b) Aus Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO folgt grundsätzlich kein Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben zu den Prämienanpassungen samt Anlagen.
OLG Celle, Urteil vom 03.07.2023, 11 U 109/22
Keine Nichtigkeit des Kasko-Versicherungsvertrags wegen einer die straßenverkehrsrechtliche Zulassungsfähigkeit hindernden Beschaffenheit des Fahrzeugs
Ein Kasko-Versicherungsvertrag ist nicht deshalb gemäß § 134 BGB nichtig, weil das versicherte Kraftfahrzeug objektiv nicht zum Straßenverkehr hätte zugelassen werden dürfen (gegen OLG Naumburg, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 4 U 69/13, juris, Rn. 17).
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OLG Hamm, Beschluss vom 13.01.2023, 20 U 306/22
Voraussetzungen einer wirksamen vertraglichen Sanktionsregelung für Obliegenheitsverstöße
Eine wirksame vertragliche Sanktionsregelung für Obliegenheitsverstöße in den AVB muss neben einem klaren und eindeutigen Hinweis auf die vom Verschuldensgrad (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) abhängige Kürzung des Anspruchs auch den Hinweis auf die Möglichkeit des Kausalitätsgegenbeweises enthalten.
Quelle: Beck-Verlag / beck-online / FD-VersR 2023, 455648
OLG Dresden, Urteil vom 06.12.2022, 4 U 1053/22
Unterversicherungseinwand des Versicherers – Beweislast
Die Beweislast für das Vorliegen einer Unterversicherung trägt der Versicherer. Der Versicherungsnehmer kann sich im Prozess auch dann auf ein bloßes Bestreiten beschränkten, wenn der Versicherer die Unterversicherung durch ein Privatgutachten belegt.
OLG Rostock, Urteil vom 22.11.2022 – 4 U 40/22
Kfz-Kaskoversicherung: Wirksamkeit der formularmäßigen Höchstentschädigung bei Diebstahl eines Gebrauchtwagens
Ist in den Versicherungsbedingungen einer Teilkaskoversicherung die Höchstentschädigung auf den Kaufpreis des als Gebrauchtwagen erworbenen versicherten Fahrzeuges beschränkt, hält dies auch im Verhältnis zu einer gesondert benannten und gegebenenfalls individuell erhöhten absoluten Höchstentschädigungsgrenze einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB stand; es handelt sich weder um eine überraschende Bestimmung im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB, noch wird der Versicherungsnehmer gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB unangemessen benachteiligt.
Nichtzulassungsbeschwerde anhängig beim
BGH zum Aktenzeichen IV ZR 430/22
AG Wipperfürth, Urteil vom 06.10.2022, 9 C 145/22
Gebrauch eines Wagenhebers ist kein Fahrzeuggebrauch
Quelle → VOLLTEXT / DIREKTLINK
OLG Dresden, Beschluss vom 02.08.2022, 4 U 428/22
Das “äußere Bild” eines Diebstahls und die Redlichkeit / Glaubwürdigkeit des VN
Kann der Versicherungsnehmer den Beweis des “äußeren Bildes” durch Zeugen führen, kommt es auf seine eigene Redlichkeit nicht an. Sind keine Zeugen vorhanden, ist die Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers entscheidend.
OLG Bremen, Urteil vom 12.05.2022, 3 U 37/21
Grobe Fahrlässigkeit bei unterbliebener Vergewisserung über ordnungsgemäße Betätigung eines Küchenherdes unmittelbar vor Verlassen des Hauses
1. Die Versicherung ist berechtigt, die Versicherungsleistung zu kürzen, wenn d. Versicherungsnehmer:in im guten Glauben, den Elektroherd ausgeschaltet zu haben, das Haus verlässt, tatsächlich aber beim Abschalten eine falsches Kochfeld bedient hat.
2. In einem solchen Fall liegt grobe Fahrlässigkeit vor, weil eine Vergewisserung, ob das richtige Kochfeld ausgeschaltet und auch kein anderes in Betrieb ist, unterblieben ist.
3. Eine solche Nachschaupflicht besteht jedenfalls dann, wenn der Küchenherd ohne Sicht auf die Bedienelemente und in dem Wissen, dass unmittelbar an die Beendigung des Bedienvorgangs das Haus verlassen wird, betätigt worden ist.
Hier: Kürzung der Versicherungsleistung um 25%
Quelle → Leitsätze und VOLLTEXT zum DOWNLOAD
OLG Stuttgart, Urteil vom 07.04.2022, 7 U 342/21
Widerspruchsbelehrung nur im Antrag (einer Rentenversicherung) ist nicht ausreichend
Eine in Antragsformularen für eine Rentenversicherung enthaltene Widerspruchsbelehrung kann die vom Gesetz vorgeschriebene Belehrung im Zusammenhang mit der Übersendung der Police nicht ersetzen. Die Mitteilung, zur Fristwahrung genüge die rechtzeitige «Absendung» der Widerspruchserklärung, genügt nicht, um über die erforderliche Textform zu belehren.
Die Belehrung muss zudem drucktechnisch so stark hervorgehoben sein, dass sichergestellt ist, dass sie dem Versicherungsnehmer nicht entgehen könnte, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht.
Quelle: Beck-Verlag / beck-online / FD-VersR 2022, 451621
OLG FFM, Urteil vom 16.03.2022, 7 U 244/20
Kein Anspruch auf Unfallrente bei versäumter Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität
Versäumt der Versicherungsnehmer die als vertragliche Anspruchsvoraussetzung ausgestaltete Frist zur ärztlichen Feststellung der unfallbedingten Invalidität, kann dies weder entschuldigt noch nachgeholt werden. Der Versicherer ist auch nicht zu einem Hinweis auf diese Frist verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer den Unfall erst nach Fristablauf anzeigt.
Aus den Gründen:
Bei der Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität handelt es sich um eine Anspruchsvoraussetzung, die dazu dient, schwer aufklärbare und unübersehbare Spätschäden vom Versicherungsschutz auszugrenzen, und deren Versäumnis dazu führt, dass der Rentenanspruch gar nicht erst entsteht und auch nicht entschuldigt werden kann (vgl. stRspr. Z.B. BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – IV ZR 73/18, VersR 2019, 931, 932; BGH, Urteil vom 30.11.2005 – IV ZR 154/04, VersR 2006, 352 Rn. 7; OLG Frankfurt, Urteil vom 09. Oktober 2002 – 7 U 224/01, VersR 2003, 361; Jacob, Unfallversicherung AUB 2020, 3. Aufl., S. 142 f. Rn. 110). Es kommt daher nicht darauf an, dass der Kläger behauptet, aufgrund einer seelischen Erkrankung außerstande gewesen zu sein, die weiteren fristgebundenen Erklärungen (Unfallanzeige und Geltendmachung der Invalidität) früher als am 26.03.2019 abzugeben.
Der Beklagten ist es auch nicht verwehrt, sich auf die Feststellungsfrist wegen etwaig unterbliebener oder unzureichender Belehrung nach § 186 VVG zu berufen. Zwar hat die Beklagte den Kläger auf seine Unfallanzeige vom 26.03.2019 hin nicht nach § 186 VVG belehrt. Da im Zeitpunkt der Unfallanzeige die Feststellungsfrist aber schon abgelaufen war, traf die Beklagte zu diesem Zeitpunkt auch keine Hinweispflicht mehr, denn nach § 186 S. 1 VVG musste die Beklagte nur auf „einzuhaltende Fristen“, nicht aber auf abgelaufene Fristen hinweisen.
BGH, Urteil vom 20.10.2021 – IV ZR 236/20
Wohngebäude-Versicherung und Wasserschaden (Duschwanne / Fuge)
Der Wohngebäude-Versicherer hat nicht für Nässeschäden aufgrund einer undichten Fuge zwischen einer Duschwanne und einer angrenzenden Wand einzustehen (Teil A § 3 Nr. 3 VGB 2008).
OLG Frankfurt, Urteil vom 17.11.2021, 7 U 24/20
Keine fristgerechte Invaliditätsfeststellung bei Zuordnung der Schäden zum falschen Unfallereignis in der Invaliditätsbescheinigung
Enthält bei zwei aufeinanderfolgenden Unfällen eine eindeutig nur dem ersten Unfallereignis zugeordnete Invaliditätsbescheinigung auch Angaben zu Schäden, die aus dem zweiten Unfallereignis resultieren, liegt darin keine Invaliditätsfeststellung im Sinne von Ziffer 2.1.1.1 AUB bezüglich der Schäden aus dem zweiten Unfallereignis.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.9.2021, 6 U 82/20
Verivox muss eingeschränkte Marktauswahl offenlegen / Anwendbarkeit der Regelungen über Versicherungsvertreter / -makler auf Internetvermittler und Betreiber von Vergleichsportalen
1. Internetvermittler und Betreiber von Vergleichsportalen, die eine Vertriebstätigkeit im Sinn von § 1a Abs. 2 VVG gerade in einer Weise ausführen, dass die Voraussetzungen nach § 59 Abs. 2 oder 3 VVG vorliegen, unterfallen den Regelungen über Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler.
2. Der Versicherungsmakler schuldet bei seinem im Rahmen eines Online-Versicherungsvergleich erteilten Rat nach § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG grundsätzlich die Einbeziehung auch von Konditionen solcher Versicherer, die in diesem Online-Versicherungsvergleich nicht genannt werden möchten oder nicht bereit sind, ein von diesem Versicherungsmakler unterbreitetes Angebot auf Abschluss eines Versicherungsvertrags anzunehmen, es sei denn der Versicherungsmakler erteilt im Einzelfall vor Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers einen Hinweis nach § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG.
3. Ein Hyperlink begründet dann keinen § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG genügenden ausdrücklichen Hinweis auf die eingeschränkte Beratungsgrundlage, wenn er nicht so gestaltet ist, dass der Kunde hinreichend klar darüber informiert wird, die so verlinkte Seite werde ihn auf eine im Sinn von § 60 Abs. 1 VVG beschränkte Beratungsgrundlage hinweisen.
4. § 60 Abs. 2 Satz 1 VVG verpflichtet zusätzlich zu der Benennung der bei dem Rat in Betracht gezogenen Versicherer zu einer – nicht schon in dieser Benennung liegenden – Mitteilung der Marktgrundlage und zudem einer davon zu unterscheidenden Informationsgrundlage, die die Art und Weise betrifft, wie der Versicherungsvermittler die ihm vorliegenden Informationen über die von ihm in den Blick genommene Marktgrundlage gewonnen hat.
5. Eine nach § 62 Abs. 1 VVG geforderte Übermittlung der Informationen nach § 60 Abs. 2 VVG in Textform im Sinn von § 126b Satz 1 BGB liegt nicht darin, dass eine Angabe in einem Pop-Up-Fenster oder in Unterseiten über Hyperlinks aufrufbar ist.
Quelle → VOLLTEXT / OLG Karlsruhe / 22.9.2021 / 6 U 82/20
Hinweis → Das Verbraucherportal Verivox erklärt, auf Rechtsmittel gegen die Entscheidung zu verzichten, obwohl man davon ausgehe, dass man im Recht sei.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2021 – IV ZR 324/19
AVB Rechtsschutzversicherung, hier: ARB-MPM 2009 Ziffer 5.5
a) Ob die Voraussetzungen für den Leistungsausschluss nach Ziffer 5.5 Satz 1 ARB-MPM 2009 vorliegen, insbesondere der Versicherungsnehmer oder Versicherte vorsätzlich eine Straftat begangen hat, ist im Deckungsprozess zu klären. Dabei besteht weder eine Bindung an die Ergebnisse eines gegen den Versicherungsnehmer oder Versicherten geführten Ermittlungsverfahrens oder des Ausgangsrechtsstreits noch ist der Rechtsschutzversicherer bis zu deren Abschluss vorläufig leistungspflichtig.
b) Der Versicherer ist für die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses nach Ziffer 5.5 Satz 1 ARB-MPM 2009 darlegungs- und beweisbelastet.
LG Konstanz, Urteil vom 21.01.2021, Me 4 O 90/19
Voraussetzungen einer Haftung eines Versicherungsmaklers
Unter „Markt“ im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG ist das gesamte Versicherungsumfeld zu verstehen, in dem Versicherungen erhältlich sind, bei denen das jeweils in Frage stehende Risiko versichert werden kann. Ein Versicherungsmakler hat daher im Rahmen seiner Marktanalyse auch Direktversicherer sowie solche Versicherungen in den Blick zu nehmen, die mit Versicherungsmaklern aufgrund ihrer Vertriebsstruktur grundsätzlich nicht zusammenarbeiten.
Quelle → zum VOLLTEXT geht es hier lang
Sparte Hausratversicherung und kein Nachweis eines Diebstahls aus verschlossenen Pkw bei Fehlen von Einbruchspuren (“Relay Attack” / “Jamming”)
Wird das Verschließen eines Kraftfahrzeuges durch elektronische Signale verhindert, liegt beim nachfolgenden Öffnen des Fahrzeuges durch einen Dieb kein versicherter Einbruchdiebstahl vor.
Quelle: BECK-Verlag / r+s 2021, 517
OLG Dresden, Urteil vom 12.05.2020, 4 U 2047/19
Leitungswasserschaden – Zuleitung zu einem Zahnarztstuhl
Der Austritt von Wasser aus der Zuleitung eines Zahnarztstuhles ist ein versicherter Leitungswasserschaden.
Aus den Gründen:
… ist der Wasseraustritt aus dem Zahnarztstuhl auch als versicherter Leitungswasserschaden im Sinne von § 1 Nr. 2 b) AWB 87 anzusehen. Unter
Leitungswasser i.S. der Bedingungen ist Wasser zu verstehen, das aus den sonstigen mit dem Rohrsystem fest verbundenen Einrichtungen der Wasserversorgung stammt, die über Zu- und Ableitungen zur Wasserversorgung verfügen (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom
8.2.2018, 4 U 67/17 – juris). Vorliegend hat der Zeuge Dr. M…… angegeben, der Zahnarztstuhl sei an die im Fußboden verlaufende Wasserleitung angeschlossen und durch Spannringe dauerhaft verbunden. Hier habe sich die Verbindung gelöst. Im Anschluss hieran steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es einen Wasseraustritt aus einer “sonstigen,
mit dem Rohrsystem fest verbundenen Einrichtung der Wasserversorgung gegeben hat”.
BGH, Urteil vom 16. Dezember 2020 – IV ZR 294/19
Unwirksame PKV-Beitragserhöhungen
Die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG erfordert die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung wei-terer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben.
Siehe hierzu aber auch → BGH, Urteil vom 16.12.2020, IV ZR 314/19
OLG Saarbrücken, Urteil vom 16.06.2021 – 5 U 57/20
Rückforderung zunächst vorbehaltlos erbrachter Krankentagegeldleistungen kann verwehrt sein
Einem Krankentagegeldversicherer, der seine zunächst vorbehaltlos erbrachten Leistungen auf Grundlage einer späteren Begutachtung des Versicherungsnehmers wegen hierbei festgestellter Berufsunfähigkeit nach Ablauf der vereinbarten Karenzfrist eingestellt hat, kann es nach Treu und Glauben versagt sein, sich zur Begründung einer Rückforderung im Nachhinein auf das seinerzeitige Fehlen bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit zu berufen.
Quelle: Beck-Verlag / BeckRS 2021, 19871 / FD-VersR 2021, 441161
OLG Dresden, Beschluss vom 17.04.2021 – 4 U 161/21
Versicherungsschutz wegen Einbruchsdiebstahls nur bei Nachweis tatsächlich verschlossenen Gebäudes
Für das äußere Bild eines versicherten Einbruchdiebstahls muss neben Einbruchsspuren ein Mindestmaß an Tatsachen vorliegen, die nach der Lebenserfahrung den Schluss auf eine bedingungsgemäße Entwendung zulassen.
Kann der Versicherungsnehmer den Beweis nicht führen, dass ein Gebäude zum Zeitpunkt des behaupteten Diebstahls tatsächlich verschlossen war, ist der Nachweis eines Einbruchdiebstahls nicht geführt.
Für den Beweis eines Einbruchsdiebstahls genügt im Allgemeinen, dass das Offenstehen eines Garagentores unwahrscheinlich oder das Eindringen mittels Spezialwerkzeug wahrscheinlicher ist.
OLG Dresden, Beschluss vom 29.04.2021 – 4 U 2453/20
Berufsunfähigkeitsversicherung – Angabe von Beeinträchtigungen ohne Krankheitswert
Der künftige Versicherungsnehmer hat in einem Antragsformular auch Beeinträchtigungen anzugeben, die noch keinen Krankheitswert haben, sofern diese nicht offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen.
Die Verharmlosung von über Jahre hinweg bestehenden chronischen Schmerzen und verschiedenen Erkrankungen mit häufigen Arztbesuchen indiziert ein arglistiges Verhalten des Versicherungsnehmers.
OLG Nürnberg, Beschluss v. 10.05.2021, 8 U 3174/20
Wohngebäudeversicherung, Mietausfallschaden, Schadensminderung
Ein Wohnungseigentümer kann gegenüber dem Wohngebäudeversicherer wegen pflichtwidrig verzögerter Regulierung eines Leitungswasserschadens Ersatz nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1, 252 BGB in Gestalt entgangener Mieteinnahmen verlangen.
Den Wohnungseigentümer kann im Einzelfall nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB die Obliegenheit treffen, die sein Sondereigentum betreffenden Schäden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen, um die Wohnung mit zumutbarem Aufwand wieder in einen vermietbaren Zustand zu versetzen. Bei Verletzung dieser Obliegenheit ist der zu ersetzende Mietausfallschaden zeitlich zu begrenzen.
Quelle → OLG Nürnberg Wohngebäudeversicherung und Mietausfallschaden
KG Berlin, Beschluss vom 01.06.2021, 6 U 1067/20
Auslandsreisekrankenversicherung: Auslegung von Bedingungen: Begrenzung des Versicherungsschutzes auf acht Wochen pro Reise
Ist bei einer für die Dauer eines Jahres mit Verlängerungsmöglichkeit abgeschlossenen Auslandsreisekrankenversicherung nach dem Antragsformular der Versicherungsbeginn frei wählbar und wird nicht nach dem Beginn einer ersten Reise gefragt, so sind die Bedingungen, wonach der Versicherungsschutz „zu dem vereinbarten Zeitpunkt beginnt“, während der ersten acht Wochen (56 Tage) jeder Auslandsreise besteht und mit Ablauf der achten Woche endet, nach der Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB) in denjenigen Fällen, in denen der Versicherungsbeginn nach Antritt der Reise liegt, dahin auszulegen, dass der Versicherungsschutz für die erste Reise mit Beginn des Versicherungsvertrages beginnt und 56 Tage nach Beginn des Versicherungsvertrages, spätestens mit dem Ende der Reise, endet.
Unwirksame Bestimmung des sog. verstoßabhängigen Versicherungsfalls in Abhängigkeit vom gegnerischen Sachvortrag
1. Soweit § 4 Abs. 1 c ARB 16 der Kl. die Bestimmung des sog. verstoßabhängigen Versicherungsfalls auch von den gegnerischen Tatsachenbehauptungen im Ausgangsstreit abhängig macht, benachteiligt die Klausel den VN entgegen Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB).
2. Zur Wirksamkeit eines Leistungsausschlusses in Rechtsschutzversicherungsbedingungen für Ausgangsstreitigkeiten über die Ausübung von Widerrufs- oder Widerspruchsrechten bei vor Beginn des Versicherungsschutzes abgeschlossenen Darlehens- oder Versicherungsverträgen.
3. Die Verpflichtung eines Versicherers, die betroffenen VN über die Unwirksamkeit einer Klausel seiner AVB zu informieren, kann auf § 8 Abs. 1 UWG gestützt werden, weil der Verstoß einer Klausel gegen § 307 BGB zugleich einen Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung i.S.v. § 3a UWG darstellt. Insoweit sind die Vorschriften über die Kontrolle von AGB gem. § 1 UKlaG und des Lauterkeitsrechts nebeneinander anwendbar (Fortführung von BGH v. 14.12.2017 – I ZR 184/15, VersR 2018, 422 „Klauselersetzung“ Rz. 40 ff.).
OLG Saarbrücken, Urteil vom 30.09.2020, 5 U 91/19
Versicherungsschutz in der Kfz-Kaskoversicherung bei Fahrzeugdiebstahl: Beginn der Monatsfrist für eine Rücknahme des wiedergefundenen Fahrzeugs
1. Sehen die Bedingungen eines Kaskoversicherers die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Rücknahme des entwendeten Fahrzeugs für den Fall vor, dass dieses „innerhalb eines Monats nach Eingang der Schadensanzeige“ wieder aufgefunden wird, so setzt auch die mündliche (telefonische) Anzeige der Fahrzeugentwendung gegenüber dem Versicherungsvertreter die Monatsfrist in Lauf.
2. Gibt der Versicherer das Fahrzeug nach Fristablauf an den Versicherungsnehmer heraus, weil dieser trotz der bereits anhängigen Klage auf die Neupreisentschädigung weiter auf der Herausgabe beharrt, liegt darin zwar regelmäßig noch kein Verzicht des Versicherungsnehmers auf bereits entstandene vertragliche Ansprüche, wohl aber die konkludente Vereinbarung, sich dadurch erlangte Vermögensvorteile auf die Klageforderung anrechnen zu lassen.
AG München, Urteil vom 12.03.2020 – 274 C 7752/19
Keine Hausratdeckung bei elektronischer Überwindung des Kraftfahrzeugverschlusses
Die unbefugte Öffnung eines durch ein keyless-go-System verschließbaren Fahrzeugs durch elektronische Verstärkung oder Verfälschung eines Funksignals ist kein Versicherungsfall in der Hausratversicherung.
(Anmerkung: Die Berufung gegen das Urteil war zurückgewiesen worden.)
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OLG Naumburg, Urteil vom 02.05.2019, 4 U 95/18
Private Haftpflichtversicherung / Leistungsausschluss für Schäden durch Gasexposion bei Betrieb einer Hobbywerkstatt / Risikoausschluss der ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung
Der Betrieb einer mit Propangas beheizten Hobbywerkstatt, in der der Betreiber als sog. “Hobby-Schrauber” Schweißarbeiten am Kfz durchführt, stellt sich nicht als ungewöhnlich dar und rechtfertigt auch dann keinen Leistungsausschluss in der Privathaftpflichtversicherung, wenn die konkret schadensstiftende Tätigkeit (hier: Entleerung eines Autogastanks) gefährlich und ungewöhnlich gewesen sein sollte.
Wird der Versicherungsschutz für eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung in der privaten Haftpflichtversicherung ausgeschlossen, so ist insoweit nicht die einzelne Tätigkeit maßgeblich, sondern es kommt auf die für eine gewisse Dauer angelegte Beschäftigung an, die den Rahmen der schadensstiftenden Tätigkeit darstellt.
Aus den Gründen:
Das Betreiben einer Hobbywerkstatt, die mit Propangas geheizt wird und in der Schweißarbeiten durchgeführt werden, mag insbesondere im Hinblick auf die Schweißarbeiten gefährlich sein, ungewöhnlich ist es nicht. Die regelmäßige und zeitintensive Beschäftigung mit der Reparatur und Gestaltung von Fahrzeugen ist eine weit verbreitete Art, die Freizeit zu verbringen. Sie fällt nicht aus dem Rahmen dessen, womit sich Laien üblicherweise beschäftigen. Auch Schweißarbeiten fallen nicht mehr aus dem Rahmen dessen, woran sich Heimwerker und so genannte Hobbyschrauber regelmäßig versuchen. Die Nutzung einer Propangasheizung ist ebenfalls nicht als ungewöhnlich anzusehen, wenn sie mit handelsüblichen Geräten geschieht. Dass Letzteres hier nicht der Fall war, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der schadenstiftende Versuch, einen Autogastank zu leeren, war zweifelsohne außerordentlich gefährlich und mag als ungewöhnlich anzusehen sein. Es handelte sich dabei jedoch um eine einzelne Handlung, auf deren Ungewöhnlichkeit und Gefährlichkeit es, wie oben ausgeführt, gerade nicht ankommt.
OLG Frankfurt / Mail, Urteil vom 18.05.2006, 3 U 104/05
Gebäudeversicherung: Ausschluss des Regressverzichts bei grober Fahrlässigkeit; Allgemeinwissen über Gefährlichkeit einer angezündeten Wunderkerze; Abtretung der Ansprüche des Wohnungsmieters gegen seinen Haftpflichtversicherer nach Brandschaden
1. Nach dem Regressverzichtsabkommen der Feuerversicherer ist der darin festgehaltene Regressverzicht ausgeschlossen, wenn der Regressschuldner den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.
2. Grob fahrlässige Schadensverursachung liegt vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird und schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss, z. B. auch die Außerachtlassung allgemeingültiger Sicherheitsregeln, wenn die Kenntnis dieser Sicherheitsregeln nach dem Grad ihrer Verbreitung allgemein vorausgesetzt werden muss. Dabei muss auch in subjektiver Hinsicht ein schweres Verschulden vorliegen, wobei in der Regel das Bewusstsein der Gefährlichkeit vorausgesetzt wird. Die grobe Fahrlässigkeit braucht sich in der Regel nur auf den haftungsbegründenden Tatbestand und nicht auf den konkret eingetretenen Schaden zu erstrecken.
3. Die Feststellung der Allgemeinkundigkeit bzw. Offenkundigkeit des Gefahrwissens ist keine Beweiserhebung, weswegen Offenkundigkeit also solche, bzw. ihr Fehlen nicht Gegenstand eines Beweisantrittes sein kann. Das unter Beweis gestellte Vorbringen kann nur dazu dienen, die Überzeugung des Gerichts von der Offenkundigkeit zu erschüttern.
4. Ein besonderes Gefahrwissen um die Gefährlichkeit von Wunderkerzen, das sich darauf erstreckt, dass eine angezündete Wunderkerze imstande ist, an einem Weihnachtsbaum am Abend des zweiten Weihnachtsfeiertages sofort einen explosionsartig sich ausbreitenden Brand auslösen, kann nicht im Rahmen des Allgemeinwissens vorausgesetzt werden.
5. Der für den Fall einfacher Fahrlässigkeit geltende Regressverzicht verliert nicht deshalb seine Geltung, weil der Mieter des Versicherungsnehmers eine Privathaftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Der Feuerversicherer hat auch dann keinen Anspruch auf Abtretung der Ansprüche der Mieter gegen ihre Haftpflichtversicherung, wenn diese einen Gebäudeschaden mit erfasst (wie Senat, Urteil vom 15.12.2005, Az. 3 U 28/05; gegen OLG Dresden, VersR 2003, 1391 = ZfS 2004, 127).
Quelle → OLG FFM / Urteil 18.05.2006 / 3 U 104/05
Zur Frage grober Fahrlässigkeit beim “Hantieren” mit Wunderkerzen
LG Offenburg, Urteil vom 17.10.2002, 2 O 197/02
Leistungsfreiheit der Hausratversicherung: Grob fahrlässige Herbeiführung eines Zimmerbrandes durch Entzünden an einem Weihnachtsbaum angebrachter Wunderkerzen
OLG Bamberg, Hinweisbeschluss v. 12.06.2019 – 1 U 34/19
Erstattung eines Gebäudeschadens nach einem Brand aufgrund des Aufladens eines “gebrauchten Akkus”
Ein Versicherungsnehmer, der bei einer Recycling-Börse einen gebrauchten Spielzeughelikopter für 8,- € erwirbt, handelt im konkreten Einzelfall u.U. (leicht) fahrlässig, wenn er den verbauten Lithium-Ionen-Akku trotz möglicher, ihm ggf. unbekannter Vorschäden in einer brennbaren Umgebung auflädt und es dabei zu einem Brand kommt.
Aus den Gründen:
Der Argumentation der Berufung, das Landgericht stelle praktisch unerfüllbare Sorgfaltsanforderungen an das Laden von Lithium-Ionen-Akkus, kann nicht gefolgt werden. Das Landgericht hat in Anbetracht der konkreten Umstände des vorliegenden Falles ein objektiv (leicht) fahrlässiges Verhalten des Versicherungsnehmers zu Recht bejaht. Es kann dahinstehen, ob alle Geräte, in denen Lithium-Ionen-Akkus verbaut sind, also z.B. auch Laptops, Smartphones, etc., nur in einer nicht brennbaren Umgebung geladen werden dürfen. Eine dahingehende generelle Aussage hat das Landgericht nicht getroffen, sie ist aus dem Urteil auch nicht herzuleiten. Das Landgericht hat den Fahrlässigkeitsvorwurf vielmehr mit den ganz konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalles begründet. Auf die Ausführungen auf Seiten 9 und 10 der Urteilsgründe wird Bezug genommen. Danach waren unter anderem folgende konkrete Umstände des Einzelfalls für den Fahrlässigkeitsvorwurf maßgeblich: Der Versicherungsnehmer der Beklagten habe das Gerät gebraucht in einer Recycling-Börse für lediglich 8,00 € ohne Gebrauchs- oder Bedienungsanleitung und auch nicht originalverpackt erworben. Er habe damit keinerlei Kenntnis über das Vorleben des Helikopters und eventuelle Vorschäden, insbesondere über die Qualität des verbauten Akkus, dessen Alter, eventuelle mechanische Vorschädigungen oder eine bereits eingetretene Tiefentladung gehabt. Mit mechanischen Beschädigungen sei vorliegend auch verstärkt zu rechnen, da es sich bei dem Gerät um einen Spielzeughelikopter handele, der erfahrungsgemäß abstürzen könne und dadurch Beschädigungen des Akkus aufweisen könne. Der Versicherungsnehmer der Beklagten habe den Helikopter in Anbetracht dessen nur in einer nicht brennbaren Umgebung laden dürfen.
Quelle → OLG Bamberg Brandschaden nach Aufladen eines gebrauchten Akkus
OLG Schleswig, Beschluss vom 18.05.2017, 16 U 14/17
Wohngebäudeversicherung: Intransparente Obliegenheit in der Wohngebäudeversicherung
Die Obliegenheit in der Wohngebäudeversicherung, „die Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften zu erfüllen“ ist mangels eigenständigen Regelungsgehalts wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam.
Aus den Gründen:
Die Klausel in Nr. 15.1.1 WGB weist gerade keinen eigenständigen Regelungsgehalt auf, sie beinhaltet lediglich eine dynamische Verweisung auf weitere Sicherheitsvorschriften. Der VN kann den Regelungsgehalt und damit die an ihn gestellten Anforderungen aus der Klausel nicht entnehmen, sondern allein aus den in Bezug genommenen Vorschriften selbst. Entgegen der Auffassung der Bekl. ist für den VN gerade nicht hinreichend klar und verständlich, welche Sicherheitsvorschriften für ihn anwendbar sind.
Quelle: VersR 2019, 1557
OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 12.07.2021 – 14 U 6/21
Beweislast für “Unfall” in der privaten Unfallversicherung
In der privaten Unfallversicherung hat der Versicherungsnehmer nach dem Maßstab des § 236 ZPO den Vollbeweis für den behaupteten Unfall zu führen.
Haben die vom Versicherungsnehmer benannten Ärzte in ihren Patientenakten keine Notiz dazu gemacht, dass der Versicherungsnehmerwegen eines Unfalls in Behandlung war, und können sie sich daran auch nicht erinnern, ist der behauptete Unfall nicht nachgewiesen.
Quelle: Beck-Verlag / BeckRS 2021, 19828 / beck-online
BGH, Urteil vom 06.07.2016 – IV ZR 44/15
Auslegung von Versicherungsbedingungen – ein Klassiker
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann.
Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an.
In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind
(Senatsurteile vom 22. April 2015 IV ZR 419/13, VersR 2015, 706 Rn. 12; vom 11. März 2015 – IV ZR 54/14, VersR 2015, 570 Rn. 12; vom 10. Dezember 2014 – IV ZR 281/14, VersR 2015, 182 Rn. 12 f.; vom 23. Juni 1993 – IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83 unter III 1 c; st. Rspr.).