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OLG München, Urteil vom 23.02.2022, 7 U 1195/21
Anforderungen an Rodler zur Vermeidung von Kollisionen mit entgegenkommenden Fußgängern
1. Die Frage, wie schnell ein Rodler unterwegs sein darf, ohne gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt zu verstoßen, lässt sich nicht allgemein und ohne Rücksicht auf die konkreten Umstände beantworten. Im konkreten Einzelfall kann der Rechtsgedanke des § 3 Abs. 1 S. 4 StVO herangezogen werden, sodass der Rodler nur so schnell unterwegs sein darf, dass er innerhalb der überschaubaren Strecke anhalten kann.
2. An einen Rodler sind angesichts der drohenden Gefahr der Kollision mit entgegenkommenden Fußgängern dieselben Anforderungen zu stellen wie bei einer unklaren Verkehrslage im Straßenverkehr, bei welcher man im Zweifel durch Bremsen Klarheit für die anderen Verkehrsteilnehmer schaffen muss.
3. Es besteht keine generelle Pflicht zur “Beleuchtung” von Fußgängern, um von anderen Verkehrsteilnehmern möglicherweise besser gesehen zu werden.
OLG Schleswig, Urteil vom 30.07.2020, 6 U 46/18
Kein Haftungsausschluss bei Nordic-Walking-Unfall
Die gemeinsame Verabredung zum Nordic Walking führt nicht zu einem Haftungsausschluss wegen einer sich hierbei verwirklichenden Sturzgefahr, denn die Teilnehmer rechnen nicht damit, dass einer den anderen bei dem gemeinsamen Spaziergang verletzen könne. Aus der zum Nordic Walking gehörenden, nur unterstützenden und eng am Körper geführten Benutzung der Stöcke droht eine solche Gefahr nicht.
Aus den Gründen:
bb) Umstritten ist weiter, inwieweit diese Rechtsprechung auf so genannte Individual- oder Parallelsportarten anwendbar ist. Darunter sind Sportarten zu verstehen, die nebeneinander ausgeübt werden und bei denen sich die Teilnehmer bei regelgerechter Ausübung nicht berühren (Behrens/Rühle NJW 2007, 2079).
Auch bei solchen Sportarten gilt ein – wie auch immer begründeter – Haftungsausschluss jedenfalls dann, wenn Wettkämpfe ausgetragen werden, bei denen auch bei Einhaltung der Wettkampfregeln oder geringfügigen Regelverletzungen mit Schäden gerechnet werden muss. Zu denken ist etwa an Auto-, Rad- und Pferderennen (MüKoBGB/Wagner, § 823 Rn. 698; Bacher in Geigel Der Haftpflichtprozess, Kap. 12 Rn. 55; Behrens/Rühle NJW 2007, 2080). Auch bei gemeinsamer sportlicher Betätigung ohne Wettkampfcharakter ist ein Haftungsausschluss denkbar. Er kommt in Betracht, wenn die gemeinsame Sportausübung zu für alle erkennbare Gefahren führt, die sich auch bei regelgerechtem Verhalten nicht vermeiden lassen.
So ist ein Haftungsausschluss angenommen worden, wenn sich Radfahrer zu einer Trainingsfahrt zusammenfinden und „Windschattenfahren“ üben (OLG Zweibrücken NZV 1994, 480 = VersR 1994, 1366) oder im Pulk fahren (OLG Stuttgart NJW-RR 2007, 1251). In diesen Fällen ist jedem Teilnehmer bewusst, dass weder er noch die anderen die von der StVO vorgeschriebenen Sicherheitsabstände zum Vorder- und Nebenmann einhalten und jeder weiß auch um das damit unweigerlich verbundene erhöhte Sturzrisiko. Ähnlich ist es beim Doppelspiel im Tennis. Jeder der Doppelpartner muss damit rechnen, dass er im hektischen Spiel mit dem anderen zusammenstößt (so 15 U 78/04, Urt. v. 11.2.2005 – BeckRS 2005, 3096 Rn.
Ansonsten aber gibt es für die Annahme eines Haftungsausschlusses keinen Anlass. Verneint worden ist ein solcher für das Schlittschuhlaufen auf einer öffentlichen Eisfläche. Hier können alle Schlittschuhläufer gegenseitig erwarten, dass sie sich so verhalten, dass sie andere nicht gefährden (BGH NJW 1982, 2555). Deshalb ist das Risiko „bei einem friedlichen nebeneinander ausgeübten Individualsport wie dem Eislauf“ nicht dem einem Wettkampf innewohnenden Risiko vergleichbar (BGH NJW 1982, 2555).
Den von der Berufung herangezogenen Entscheidungen ist nicht zu entnehmen, dass in vergleichbaren Fällen bereits einmal ein Haftungsausschluss bejaht worden wäre. Sie beziehen sich entweder auf Wettkampfsituationen (BGHZ 63, 140; BGH VersR 1975, 155; OLG Düsseldorf VersR 1992, 841 = BeckRS 1991, 973: Fußball) oder aber auf einen Sport, bei dem die Gefahr eines Zusammenstoßes nie auszuschließen ist (OLG Nürnberg VersR 2003, 1134 = BeckRS 2002, 31146127: voneinander unabhängiges Befahren einer Motocrossbahn).
LG Köln, Urteil vom 15.08.2017, 30 O 53/17
«Auffahrunfall» auf Skipiste
Bei einer Kollision eines nachfolgenden Skifahrers mit einem vorausfahrenden Skifahrer spricht der Beweis des ersten Anscheins für einen Verstoß des von hinten kommenden Skifahrers gegen die FIS-Regel Nr. 3, wonach der von hinten kommende Skifahrer seine Fahrspur so wählen muss, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet.
Quelle: BeckRS 2017, 132854 (Leitsatz der Redaktion)
OLG Brandenburg, Urteil vom 29. 11. 2019, 7 U 129/18 (r+s 2020, 154)
Springt der Torwart beim Fußballspiel – obgleich er den Ball noch erreichen könnte – einen gegnerischen Spieler mit gestrecktem Bein an, um ihn zu stoppen, nimmt er dessen Verletzung (hier: Schien- und Wadenbeinbeinbruch) billigend in Kauf, so dass keine Deckung im Rahmen der Privaten Haftpflichtversicherung besteht.
Volltext unter: OLG_Brandenburg_Fusball_PHV_7U129/18
Es danken Eure Rechtsanwälte / Fachanwälte aus Rostock – auch dabei, wenn es um rechtliche Fragen zum Sportrecht und zum “drumherum” geht.