→ → → → → → → → →
LG Koblenz, Urteil vom 12.06.2023, 5 O 38/21
Mitverschulden beim Eingreifen in das Gerangel zweier Hunde
1. Im Einzelfall kann es ein sorgfaltswidriges Verhalten iSv § 823 Abs. 1 BGB darstellen, wenn ein Hund auf einem nicht eingezäunten Grundstück nicht angeleint wird und daher ein Angriff auf einen außerhalb des Grundstücks liegenden Hund möglich ist.
2. Das Eingreifen in das Gerangel zweier Hunde führt dazu, dass der Anspruch des Anspruchstellers um einen Mitverschuldensanteil (hier: um 50 %) zu mindern ist.
Quelle: r+s 2024, 43
OLG Celle, Urteil vom 15.02.2023, 20 U 36/20
Schadenersatz; Tierhalterhaftung; Tiergefahr; Heilbehandlungskosten; Verhältnismäßigkeit; Tierwert; Affektionsinteresse
Die von einem Hund ausgehende Tiergefahr, die sich darin zeigt, dass er ein Pferd über einen längeren Zeitraum und über eine längere Strecke vor sich hertreibt, überwiegt gegenüber der von dem getriebenen Pferd als Fluchttier innewohnende Tiergefahr derart, dass die Tiergefahr des Pferdes vollumfänglich zurücktritt und der Hundehalter für die bei der Flucht des Pferdes durch wiederholte Stürze entstandenen Schäden zu 100 % haftet.
Auch bei einem nur geringen wirtschaftlichen Wert des verletzten Tiers sind die Heilbehandlungskosten in vollem Umfang ersatzfähig, wenn der Eigentümer des verletzten Tiers ein hohes Affektionsinteresse an dem seit vielen Jahren in seinem Eigentum stehenden Tier hat, der Gesundheitszustand und die Lebenserwartung des Tiers ohne das schädigende Ereignis gut war, die Erfolgsaussichten der Heilbehandlungsmaßnahmen aus ex ante-Sicht gegeben waren und die erfolgten Heilbehandlungsmaßnahmen und damit im Zusammenhang stehenden Kosten vertretbar waren.
OLG Frankfurt am Main, Beschlüsse vom 17.11.2022 und 20.12.2022, Az. 11 U 89/21
Fahrradsturz und Schmerzensgeld nach Sturz durch losgerissenen Hund
Verursacht ein sich losreißender Hund den Sturz eines Fahrradfahrers, haftet der Halter des Hundes aus Gründen der sog. Tiergefahr für die erlittenen Schäden.
OLG Celle, Urteil vom 05.10.2022 – 14 U 19/22
Abwägung von Tiergefahr und Betriebsgefahr
Es ist der Betriebsgefahr eines Fahrzeugs zuzurechnen, wenn ein von einem Fahrzeug überrollter, aber dennoch überlebender Hund in engem zeitlich-örtlichem Zusammenhang danach seinen Halter beißt.
Zur Abwägung der Betriebsgefahr eines Kfz einerseits und der Tiergefahr eines Hundes andererseits (hier mit 75:25 zu Lasten der Betriebsgefahr des Kfz bemessen).
Quelle → OLG CELLE / 05.10.2022 / 14 U 19/22
BGH, Urteil vom 26.04.2022, VI ZR 1321/20
Zu den Voraussetzungen der Tierhalterhaftung (§ 833 Satz 1 BGB)
Steht fest, dass der Kläger von der allein von der Beklagten gehaltenen Katze gebissen worden ist, so sind die Voraussetzungen des § 833 Satz 1 BGB erfüllt. Ob die Katze unter dem Tisch oder unter dem Sofa lag und ob der Kläger das Sofa angehoben hat oder lediglich anheben wollte, ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Entscheidend ist, dass der Kläger durch den Katzenbiss, in dem sich die typische Tiergefahr der Katze verwirklicht hat (vgl. zum Hundebiss: Senatsurteil vom 25. März 2014 – VI ZR 372/13, VersR 2014, 640 Rn. 5 a.E.), verletzt worden ist. Die Einzelheiten des Schadenshergangs könnten lediglich bei der Frage Bedeutung erlangen, ob die Tierhalterhaftung wegen Mitverschuldens – oder ganz ausnahmsweise wegen rechtsmissbräuchlicher Geltendmachung – beschränkt oder ausgeschlossen ist (vgl. Senatsurteile vom 25. März 2014 – VI ZR 372/13, VersR 2014, 640 Rn. 7; vom 20. Dezember 2005 – VI ZR 225/04, VersR 2006, 416 Rn. 14 ff.).
Quelle → VOLLTEXT unter EINGABE des AZ VI ZR 1321/20
OLG Dresden, Urteil vom 09.01.2020, 4 U 1964/19
Tierarzthaftung – Beratung / Aufklärung
1. Aus dem tierärztlichen Behandlungsvertrag schuldet der Tierarzt nur eine an wirtschaftlichen, ideellen und den Anforderungen des Tierschutzes ausgerichtete Beratung, die Vorschriften über die humanärztlichen Aufklärung können hierauf nicht überragen werden.
2. Die Beweislast für eine Vertragspflichtverletzung und deren Ursächlichkeit für den Schaden trägt der Auftraggeber.
BGH, Urteil vom 25. März 2014 – VI ZR 372/13
Die gewerbsmäßige Tätigkeit als Betreiber einer Hunde- oder Tierpension führt nicht zum Ausschluss der Tierhalterhaftung
Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung wegen Handelns auf eigene Gefahr kommt auch dann regelmäßig nicht in Betracht, wenn der Geschädigte einen Hund für mehrere Tage in seiner Hundepension aufgenommen und für diese Zeit die Beaufsichtigung des Tieres übernommen hat (Fortführung von Senatsurteil vom 17. März 2009 – VI ZR 166/08, VersR 2009, 693).
Ein für die Verletzung mitursächliches Fehlverhalten des Geschädigten ist gegebenenfalls nach § 254 BGB anspruchsmindernd zu berücksichtigen.