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Fällt ein Fahrzeug unfallbedingt aus, sei es schon aufgrund des eingetretenen Schadens an sich oder durch den Werkstattaufenthalt im Rahmen der Reparatur, kommt natürlich immer das Thema des “Ausfallschadens”. Aber damit folgt auch gleich der bunte Reigen in Sachen Mietwagen bzw. Unfallersatz, Nutzungsausfall und Vorhaltekosten … und wie sieht es da eigentlich bei einem “gewerblich” angemeldeten Fahrzeug aus? Die Gemengelage ist bunt, die Rechtsprechung auch und der Streit mit den Versicherungen ein tagefüllendes Programm. Und daher dann hier ein Blick in die alte und neue Rechtsprechung:
LG Itzehoe, Urteil vom 10.09.2024, 1 S 41/23
Soweit in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten wird, dass der Geschädigte nicht bis zur Zusage einer Schadensregulierung mit der Reparatur zuwarten darf, weist das LG Itzehoe auf folgendes hin:
Indes kann dies nach hier vertretener Auffassung jedoch nur dann gelten, wenn den Geschädigten unter Berücksichtigung von Treu und Glauben selbst ausnahmsweise eine Vorleistungspflicht trifft. Denn anderenfalls ergäbe sich der Widerspruch, dass der Geschädigte nicht zur Beseitigung des Schadens aus eigenen Mitteln verpflichtet ist, er jedoch zugleich auf dem durch die Verzögerung bedingten Schäden “sitzen bleiben” würde. De facto würde man dem Geschädigten dennoch die Verzögerung in Folge der nicht durchgeführten Reparatur als eigenes Risiko zurechnen. Zudem wird dem Geschädigten hierdurch das für ihn nicht beeinflussbare Haftungsrisiko gegenüber der Reparaturwerkstatt für den Fall aufgebürdet, dass die Versicherung die Regulierung verweigert. Ob die Versicherung die Schadensregulierung übernimmt, ist für die Entscheidung zur Reparatur insbesondere bei höheren Reparaturkosten … für Privatpersonen ein erheblicher Entscheidungsfaktor.
LG Schweinfurt, Urteil vom 14.12.2023, 22 O 720/22
Langzeitmiete statt Kauf hindert nicht die Erstattung des Ausfallschadens bis hierher
Hintergrund der Entscheidung war, dass der Geschädigte kein passendes Ersatzfahrzeug auf dem Gebrauchtfahrzeugmarkt fand, auch bedingt durch ein sehr eingeschränktes Angebot.
OLG Celle, Urteil vom 10.11.2021, 14 U 136/20
Nutzungsausfall auch bei fiktiver Abrechnung des Unfallschadens – aber das hat seine Grenze
Der Anspruch auf einen Nutzungsausfallschaden kann auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung bestehen, er setzt aber einen “fühlbaren” Nachteil voraus. Dieser muss tatsächlich vermögensrechtlich eingetreten sein und darf nicht fiktiv bleiben.
Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung setzt aber voraus, dass sich der Nutzungsentzug bei dem Geschädigten als “fühlbarer” wirtschaftlicher Nachteil ausgewirkt hat … Fühlbar ist deshalb die Nutzungsbeeinträchtigung immer, wenn der Wagen während der Reparaturzeit nicht zu dem mit seiner Anschaffung verfolgten Zweck Dienste leisten kann (BGHZ 45, 212, 216), diese Nutzungsmöglichkeit aber bestehen würde, wenn der Wagen verfügbar wäre (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1973 – VI ZR 96/72 -, Rn. 8, juris). Der Nutzungsausfall ist insoweit ein typischer, aber nicht notwendiger Folgeschaden, der weder überhaupt noch seiner Höhe nach von Anfang an fixiert ist. Er hängt davon ab, ob der Geschädigte den Wagen überhaupt nutzen wollte und konnte (BGH, Urteil vom 23. März 1976 – VI ZR 41/74 -, BGHZ 66, 239-250). Er ist nur dann zu ersetzen, wenn er tatsächlich vermögensrechtlich eintritt (BGH, Urteil vom 10. März 2009 – VI ZR 211/08 -, Rn. 9, juris).
Der Kläger hat allerdings nur einen Anspruch auf die vom Sachverständigen festgestellte Nutzungsausfallentschädigung als Obergrenze. Entscheidet sich der Geschädigte für die fiktive Schadensabrechnung, sind die im Rahmen einer tatsächlich erfolgten Schadensabwicklung angefallenen Schadensposten neben den vom Sachverständigen als erforderlich geschätzten nicht (zusätzlich) ersatzfähig. Der Geschädigte muss sich vielmehr an der gewählten Art der Schadensabrechnung festhalten lassen; eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig (BGH, Urteil vom 24. Januar 2017 – VI ZR 146/16 -, Rn. 7; Urteil vom 13. September 2016 – VI ZR 654/15 -, Rn. 17; OLG Nürnberg, Beschluss vom 22. Juli 2019 – 5 U 696/19 -, Rn. 25, alle zitiert nach juris).
Der Kläger müsste daher konkret nachweisen, dass er aufgrund einer Reparatur tatsächlich an der Nutzung seines Fahrzeugs gehindert war. In diesem Fall würde er – aufgrund der von ihm gewählten fiktiven Abrechnung – den ex ante vom Sachverständigen prognostizierten, hypothetischen Wert als Obergrenze erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.1992 – VI ZR 226/91 -, Rn. 15; Urteil vom 23.03.1976 – VI ZR 41/74 -, Rn. 29; OLG München, Urteil vom 13.09.2013 – 10 U 859/13 -; …
OLG Düsseldorf, Urt. v. 09.03.2021 – 1 U 77/20
Nutzungsausfall und Reparaturverzögerungen
Verzögerungen bei der Reparatur des unfallbeschädigten Kfz, die nicht vom Geschädigten zu vertreten sind, gehen zu Lasten des Schädigers. Insofern kann von dem Geschädigten eine Nutzungsausfallentschädigung auch für einen längeren Zeitraum (hier: 104 Tage) beansprucht werden.
Hat die Werkstatt die Verzögerung mit Lieferschwierigkeiten bei Ersatzteilen (hier: Airbag-Modul für die Beifahrerseite) begründet, trifft den Geschädigten keine dahingehende Schadenminderungspflicht, selbst bei anderen Werkstätten oder bei dem Fahrzeughersteller nach der Verfügbarkeit der Ersatzteile zu forschen. Er darf sich vielmehr grundsätzlich darauf verlassen, dass die von ihm beauftragte Werkstatt sich unter Ausschöpfung aller verfügbaren Möglichkeiten um die zeitnahe Beschaffung der Ersatzteile bemühen wird.
Der Geschädigte muss sich zur Verkürzung der Ausfallzeit grundsätzlich nicht mit einer Teilreparatur seines Kfz zufriedengeben.
und
Dem Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung steht nicht entgegen, dass dem Geschädigten während der Ausfallzeit seines Kfz von einem Familienmitglied ein anderes Kfz zur Verfügung gestellt worden ist. Insofern handelt es ich um die freiwillige Leistung eines Dritten, die den Schädiger nicht entlastet.
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Und hierzu ebenso mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen:
LG Baden-Baden, Urteil vom 18.10.24, 2 O 28/24
Führt ein tagelanger Serverausfall dazu, dass die im Zuge einer Unfallschadenreparatur ausgetauschte Lenkung nicht auf das Fahrzeug „angelernt“ werden kann, was dessen sichere Nutzung beeinträchtigt, ist das ein Umstand, den der Schädiger zu vertreten hat. (Quelle: IWW – Verkehrsrecht aktuell vom 11.11.2024)
AG Gifhorn, Urteil vom 01.04.2022, 33 C 639/21
… kein Verstoß gegen die … obliegende Schadenminderungspflicht vorzuwerfen. Denn auch insoweit gilt, dass das sogenannte Werkstattrisiko der Schädiger trägt und dem Geschädigten Probleme in der Werkstatt grundsätzlich nicht anzulasten sind (OLG Nürnberg, NZV 1994, 24; LG Schwerin, DAR 1995, 28). Die Werkstatt ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten (AG Köln, Urteil vom 24.04.2015, 274 C 214/14). Außergewöhnliche Umstände einer Reparaturverzögerung mit einer gebotenen Einflussnahme durch den Geschädigten sind vorliegend nicht zu erkennen.
siehe auch:
OLG Koblenz, Urteil vom 29.4.2024 – 12 U 884/22
Verzögert sich eine Reparatur aufgrund einer langen Lieferzeit für ein Ersatzteil, können Mietwagenkosten auch bei einer sehr langen Mietdauer für den gesamten Zeitraum zu ersetzen sein. (Quelle: FD-StrVR 2024, 026504)
AG Velbert, Urteil vom 12.12.2023, 17 C 102/23
Risiko des durch die verspätete Ersatzteillieferung längeren Ausfallzeitraums liegt beim Schädiger (hier: 43 Tage Nutzungsausfall)
Aber trotzdem sollte man kritisch bleiben, um nicht doch mal in die “Obliegenheitsverletzung” zu tappen. Ein gutes Beispiel dafür ist nämlich hier:
OLG Schleswig, Urteil vom 16.04.2024, 7 U 109/23
(Hier) Verpflichtung zur Anschaffung eines Interimsfahrzeugs bei langer Reparaturdauer
Kurzabriss:
Unfallgeschädigter macht 307 Tage Nutzungsausfall geltend (inklusive der Reparaturdauer) – das Landgericht erkennt den Anspruch an.
Das OLG hingegen spricht nur 50 Tage Nutzungsausfall zu zzgl. 2.500 EUR für die Kosten für eine angemessene Interimsbeschaffung.
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OLG Koblenz, Urteil vom 27.06.2016, 12 U 1090/15
Keine Obergrenze (finanzieller Art) beim Nutzungsausfall
War es dem Geschädigten aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse zunächst nicht möglich, ein Ersatzfahrzeug zu finanzieren und hat er nach der Bewilligung eines Kredits zügig ein Fahrzeug gekauft, hat er auch bei langer Dauer des Nutzungsausfalls nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, wenn er den beklagten Haftpflichtversicherer darauf hingewiesen hatte, dass seine finanziellen Verhältnisse eine Vorfinanzierung nicht zulassen. Dem Geschädigten steht daher bei bestehendem Nutzungswillen und hypothetischer Nutzungsmöglichkeit eine Nutzungsausfallentschädigung für die Zeit vom Unfall bis zur Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs zu.
Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung ist durch den Wert des beschädigten Fahrzeugs nicht begrenzt.
Und hier ging es um eine dann zuerkannte Nutzungsausfallentschädigung von 8.600 EUR (172 Tage) und einen Wiederbeschaffungsaufwand von 9.090 EUR.
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OLG Zweibrücken, Urteil vom 11.06.2014, 1 U 157/13)
Pauschalierte Nutzungsausfallentschädigung für ein gewerblich genutztes Kraftfahrzeug
Wird bei einem Verkehrsunfall ein auf einen Handwerksbetrieb zugelassener SUV beschädigt, ist pauschalierte Nutzungsausfallentschädigung auch dann zu leisten, wenn das gewerblich genutzte Fahrzeug nicht unmittelbar zur Gewinnerzielung, sondern hauptsächlich als Verkehrsmittel, eingesetzt wird, mit dem Orte, beispielsweise Baustellen, erreicht werden, an denen Gewinn zu erwirtschaften ist.
Dem Anspruch auf Nutzungsausfall steht nicht entgegen, dass eine Überlassung eines auf die Ehefrau des Geschädigten zugelassenen Fahrzeugs während der Ausfallzeit möglich ist. Auch der gelegentliche Einsatz eines Firmen-Lkw kann den Anspruch nicht schmälern, wenn der Einsatz des Lkw als Ersatzwagen unzumutbar ist.
Für die Dauer der Ausfallzeit ist der Zeitraum im Fall einer Reparatur als wirtschaftlich gebotener Weg der Schadensbeseitigung maßgeblich, nicht der längere Zeitraum der Zulassung eines Ersatzfahrzeugs.
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OLG Oldenburg, Urteil vom 21.09.2023, 1 U 173/22
Mietwagen freiwillig zurückgeben – natürlich geht der Nutzungswille nicht verloren und der Anspruch auf den Nutzungsausfall bleibt
AG Frankfurt/M., Urteil vom 13.06.2023, 30 C 3121/21 (87)
Beim Nutzungsausfall zählt jeder angebrochene Tag als 1 Tag – halbe Tage gibt es nicht…
denn … schon auf Grund von Praktikabilitätsgründen ist eine Nutzungsausfallentschädigung tageweise zu zahlen, wobei auch Tage zu kompensieren sind, im Laufe derer die Nutzungsmöglichkeit des eigenen Fahrzeugs wegfällt oder wiederhergestellt wird. Anderenfalls bliebe der Geschädigte teilweise ohne Ausgleich des ihm zugefügten Schadens.
Und immer auch mal wieder den Streit zum (fehlenden) Nutzungswillen im Auge behalten (auch hier muss aber sehr genau differenziert werden):
OLG Dresden, Beschluss vom 17.05.2021, 4 U 382/21
1. Der Umstand, dass der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall mehrere Monate (Anmerkung von uns: hier waren es mindestens 2 1/2 Jahre) abwartet, bevor er sich ein Ersatzfahrzeug anschafft, begründet eine tatsächliche Vermutung für einen fehlenden Nutzungswillen.
2. Diese Vermutung wird nicht durch den Vortrag entkräftet, zu einer Neuanschaffung nicht in der Lage zu sein, wenn der Geschädigte ein regelmäßiges Arbeitseinkommen erzielt, keine Zahlungsverpflichtungen bestehen und das Girokonto im Plus geführt wird, so dass davon
auszugehen ist, dass der Geschädigte sich einen Kredit zur Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und hierdurch auch nicht über Gebühr belastet wird.
Anm. zum Leitsatz 2:
In den Gründen des Beschlusses wird auch auf die finanziellen Hintergründe der Entscheidung verwiesen (Sparguthaben der Eheleute 7.500 EUR, keine Zahlungsverpflichtungen aus Darlehen oder sonstige Belastungen, zu erwartender Restwerterlös von 3.777 EUR usw.).
OLG Köln, Urteil v. 08.03.2004, 16 U 111/03
Ersatzbeschaffung erst 2 Monate nach der Schadenzahlung (Totalschadenabrechnung) sei zu lang,
meint hier das OLG Köln, verweist aber darauf, dass die Klägerseite den eigenen Vortrag zum “Zeitversatz” nicht wirklich konkretisiert habe.
LG Memmingen, Urteil vom 08.11.2024, 32 O 610/24
139 Tage Mietwagen (und 11.000 EUR Mietwagenkosten) – das LG spricht den Ausfallschaden nach einem unverschuldeten Totalschaden zu
Ping-Pong-Spiel zwischen Versicherer und Gericht:
Einwand des Versicherers Nummer 1: Wer ein halbes Jahr selber ohne Auto klarkommt, dem fehlt doch wohl der Nutzungswille,
Und die Entgegnung des Gerichts: Indiz des fehlenden Nutzungswillens ist schon durch den zügigen Ersatzkauf nach dem Geldeingang entkräftet.
Einwand des Versicherers Nummer 2: Ein Geschädigter hätte ja wohl einen Kredit aufnehmen müssen.
Und die Entgegnung des Gerichts: Der Versicherer möge mal ins Grundsatzurteil des BGH schauen.
Einwand des Versicherer Nummer 3: Ein Geschädigter hätte seinen „Ich-Habe-Aber-Kein Geld“-Hinweis belegen müssen.
Und die Entgegnung des Gerichts: Der Versicherer hätte auf den Hinweis hin ja nachfragen und Belege fordern können.
AG Otterndorf, Urteil vom 22.09.2023, 2 C 168/23
Ein Unfallersatzwagen muss kein Selbstfahrervermietfahrzeug sein.
Abrechnungsgrundsätze (hier):
Fracke (arithmetisches Mittel aus Schwacke-Liste und Fraunhofer-Tabelle)
Nebenkosten aber nach Schwacke-Liste (hier CDW = 26,95 € pro Tag)
Eigenersparnisabzug 5 %
Mietwagen (wenig genutzt) vs. Nutzausfall (stattdessen)
BGH, Urteil vom 05.02.2013 – VI ZR 290/11
a) Zwar kann sich daraus, dass ein angemietetes Ersatzfahrzeug nur für geringe Fahrleistungen benötigt wird, die Unwirtschaftlichkeit der Anmietung ergeben. Doch kann im Einzelfall die Erforderlichkeit der Anmietung deshalb zu bejahen sein, weil der Geschädigte auf die ständige Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist.
b) Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann demjenigen Geschädigten zustehen, der Ersatz der Kosten für einen Mietwagen nicht beanspruchen kann. Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann im Rechtsstreit (konkludent) hilfsweise geltend gemacht werden, ist aber auf Zahlung an den Geschädigten, nicht auf Freistellung von den Kosten des Vermieters gerichtet. Das Gericht hat insoweit auf eine sachdienliche Antragstellung hinzuwirken.
ebenso:
OLG Hamm, Urteil vom 23.01.2018, 7 U 46/17
1. Bei einer geringen Fahrleistung kann die Anmietung eines Ersatzwagens nicht erforderlich sein.
2. Wenn die Anmietung eines Ersatzwagens nicht erforderlich war, steht dem Geschädigten regelmäßig eine Nutzungsausfallentschädigung zu.
Aus den Gründen:
Der Senat geht davon aus, dass ein tägliches Fahrbedürfnis von weniger als 20 km am Tag einen Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstellt (ebenso OLG München, Urteil vom 17. März 1992 – 5 U 6062/91 –, juris, NZV 1992, 362; ähnlich OLG Hamm, Urteil vom 21.Mai 2001 – 6 U 243/00 -, juris, NZV 2002, 82 bei 178 km in 16 Tagen). Allein die tatsächliche Fahrtstrecke ist zwar nicht entscheidend. Es ist anerkannt, dass kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorliegt, wenn der Geschädigte – vorliegend der Kläger – auf die ständige Verfügbarkeit eines KFZ angewiesen gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 05. Februar 2013 – VI ZR 290/11- juris, NJW 2013, 1149, Burmann, jurisPR-VerkR 8/2013 Anm. 1) oder der Fahrbedarf nicht voraussehbar war … Der insoweit sekundär darlegungsverpflichtete Kläger hat zu diesen Gesichtspunkten aber nichts vorgetragen. Er hat nur vorgetragen, dass ein Taxi für jede Fahrt telefonisch bestellt werden müsse. Dies reicht aber nicht für die Annahme aus, dass der Kläger auf die ständige Verfügbarkeit eines KFZ angewiesen war. Allein das relativ hohe Alter des Klägers und seiner Frau begründen nicht, dass sie auf eine ständige Verfügbarkeit eines KFZ angewiesen waren. Eine ständige Verfügbarkeit es PKW für den nicht mehr im Berufsleben stehenden Kläger war bei der vom Schadensgutachter für erforderlich gehaltenen Reparaturdauer von 4 bis 5 Arbeitstagen nicht unbedingt erforderlich.
Aufgrund des für den Kläger absehbaren deutlich unterdurchschnittlich geringen Fahrbedarfs hätte er vorab den Preis des Mietfahrzeugs überschlägig erfragen und eine überschlägige Gegenüberstellung zu den voraussichtlichen Taxikosten vornehmen müssen. Dann hätte sich ihm aufdrängen müssen, dass die Mietwagenkosten von ca. 111 € pro Tag die voraussichtlichen Taxikosten um ein Mehrfaches übersteigen werden. Diese Überlegungen mussten sich für den Kläger auch deswegen aufdrängen, weil die geltend gemachten Mietwagenkosten über ¼ der Reparaturkosten betragen.
… und wie sieht es bei einem Motorrad, Moped und Co. aus?
BGH, Urteil vom 23.01.2018 – VI ZR 57/17
Nutzungsausfallentschädigung für ein Motorrad
Der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads, das dem Geschädigten als einziges Kraftfahrzeug zur Verfügung steht und nicht reinen Freizeitzwecken dient, stellt einen Vermögensschaden dar und kann einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung begründen.
Der Umstand, dass der Geschädigte das Motorrad nur bei günstigen Witterungsbedingungen nutzt, spielt erst im Rahmen der konkreten Schadensbetrachtung bei der Frage eine Rolle, ob der Geschädigte – auch im Hinblick auf die Wetterlage – zur Nutzung willens und in der Lage war.
… Spezialfall Oldtimer
OLG Celle, Urteil vom 01.03.2023, 14 U 149/22
Nutzungsausfall eines Oldtimers
In Bezug auf den Nutzungsausfall von Oldtimer-Fahrzeugen weisen diese Fahrzeuge – als Liebhaberstücke – das grundsätzliche Gepräge von nicht für die eigenwirtschaftliche Lebensführung zwingend notwendigen Gegenständen auf. Soweit dies im Einzelfall anders sein mag, obliegt es dem Geschädigten, dies darzulegen und ggf. zu beweisen.
Allein subjektive Annehmlichkeiten rechtfertigen keinen Nutzungsausfallersatz, der sich als wirtschaftliche Einbuße an objektiven Maßstäben zu orientieren hat. Andernfalls bestünde die Gefahr, unter Verletzung des § 253 BGB, die Ersatzpflicht auf Nichtvermögensschäden auszudehnen.
Quelle → DIREKT-LINK zum URTEIL OLG CELLE
Interessant ist in dem Zusammenhang auch eine Passage aus
OLG Schleswig, Beschluss vom 10.02.2021, 7 U 200/20
Standgeld und Nutzungsausfall erhält der Geschädigte – bei einem wirtschaftlichen Totalschaden eines Oldtimers – nur für die Zeit vom Unfall bis zur Vorlage des ersten Gutachtens einschließlich einer Überlegungszeit von 10 Tagen.
(Hinweis: Leider ergibt sich aus dem Urteil kein Hinweis, ob es sich hier um das einzige Fahrzeug gehandelt hat, welches dem Kläger zur Verfügung stand. Außerdem dürfte der Anspruch hier begrenzt gewesen sein aus Gründen der Schadenminderungspflicht, so dass die Aussage nicht zu verallgemeinern ist.
… und wie ist es denn nun beim Wohnmobil?
OLG Hamburg, Beschluss vom 14.06.2019, 15 U 8/19
Nutzungsausfallentschädigung für ein Wohnmobil
Die Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung wegen der Beschädigung eines Kraftfahrzeugs kommt nicht in Betracht, wenn das Kraftfahrzeug nur reinen Freizeitzwecken dient, denn dieser Gesichtspunkt betrifft nicht die alltägliche Nutzbarkeit zur eigenwirtschaftlichen Lebensführung und entzieht sich deshalb einer vermögensrechtlichen Bewertung.
Der Nutzungsausfall stellt aber einen Vermögensschaden dar, wenn ein beschädigtes Wohnmobil nicht reinen Freizeitzwecken dient, sondern vom Geschädigten auch wie ein normaler Alltags-Pkw genutzt wurde. Denn dann wurde dem Geschädigten durch den Unfall diese Gebrauchsmöglichkeit, die als geldwerter Vorteil und nicht als bloße individuelle Genussschmälerung anzusehen ist, entzogen.
Aufgrund der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise bleibt außer Betracht, ob und in welchem Umfang das Wohnmobil neben der Beförderung auch noch dem Übernachten und anderen beförderungsfremden Zwecken dienen kann. Auch hier wird die Nutzungsausausfallentschädigung (lediglich) für den Verlust der mit dem Fahrzeug erreichbaren (Alltags-)Mobilität beansprucht und bleibt der entgangene Freizeitwert des Fahrzeugs bei ihrer Berechnung außen vor.
Hinweis: Die Berufung zum BGH ist nach dem Hinweisbeschluss zurückgenommen worden.
Thema:
Fahrzeugausfall … aber auf die richtige Strategie kommt es an!
Gerade in den Fällen, in denen das beschädigte Fahrzeug nicht mehr nutzbar ist, weil nicht mehr fahrbereit bzw. nicht mehr verkehrssicher, gibt es immer Streit über die von der Versicherung zu erstattenden Mietwagenkosten bzw. den Nutzungsausfall. Denn wenn das eigene Fahrzeug nach dem Unfall nicht zu nutzen ist, es aber über die Begutachtung, die Haftungsübernahmebestätigung der Versicherung bis hin zur Reparatur mit Auslieferung doch einige Tage bis zu mitunter Wochen dauert, dann tobt der Streit über den Zeitraum, den die Versicherung ausgleichen muss.
An sich alles kein großes Problem, denkt man ja. Nur leider sieht die Praxis anders aus, der Versicherer zahlt nur 5 Tage Nutzungsausfall bzw. 1 Woche den Mietwagen. Zur Begründung verweist der Versicherer darauf, dass man ja schließlich die Reparatur (oder beim Totalschaden die Ersatzbeschaffung) doch selber gleich hätte beauftragen können. Und was erwidern wir dann alle (mal nett ausgedrückt): Und mit welchem Geld bitte!?
Ganz so falsch ist leider der “Angriff” der Versicherung nicht, denn zahlreiche Gerichte stützen genau diese Argumentation. Um nun diesem ganzen Theater zu begegnen, sollte man es dann gleich von Beginn an richtig machen!
Die richtige Strategie … ist extrem wichtig und sollte genau auf der Linie der Rechtsprechung liegen und damit auch unser Tipp an die Geschädigten:
Mit dem ersten Kontakt dem Versicherer ausdrücklich und schriftlich (!) mitteilen, dass keine Möglichkeit besteht, den Unfallschaden vorzufinanzieren. Am besten, man lässt da von Beginn seinen Anwalt / seine Anwältin ran, denn dann “sitzt” das auch. Und dazu dem Versicherer auch gleich (und ebenso ausdrücklich) anbieten, er könne ja, falls er die Instandsetzung beschleunigen wolle, ja ein Darlehen gewähren oder selber vorfinanzieren.
Und was wird passieren? Nichts, denn der Versicherer wird eben nichts davon anbieten. Muss er ja auch nicht, aber, und gerade darauf kommt es uns an, der Versicherer ist gewarnt und hat es selber in der Hand, hier einzugreifen. Wenn er darauf aber nicht eingeht und nichts tut, dann trägt er vom ersten Tag an das Risiko des Ausfalls und damit die gesamten Ausfallkosten.
Wegweisend dafür war schon die Entscheidung des
OLG Koblenz vom 27.06.2016, 12 U 1090/15,
in der wörtlich ausgeführt und sozusagen eine “Handlungsanweisung” für diese Fälle vorgegeben wird:
… Der Kläger hat hinsichtlich der langen Dauer des Nutzungsausfalls seines Fahrzeugs nicht gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen. Er hat die Kfz.-Haftpflichtversicherung des Beklagten bereits in dem Schreiben vom 6.12.2012 darauf hingewiesen, dass seine finanziellen Verhältnisse eine Vorfinanzierung nicht zulassen. Details zu seinen Vermögensverhältnissen musste er zunächst nicht offenbaren. Wenn die Versicherung des Beklagten weitere Informationen oder Nachweise benötigte, hätte sie diese vom Kläger anfordern müssen (OLG Dresden, Urteil vom 30.06.2010 – 7 U 313/10). Dass der anwaltlich vertretene Kläger in dem Schreiben vom 06.12.2012 auch geschrieben hat, er sei nicht zu einer Vorfinanzierung verpflichtet, ändert nichts daran, dass er seiner Informationspflicht nachgekommen ist und es an dem Beklagten bzw. seiner Versicherung war, darauf zu reagieren.
Hintergrund der Entscheidung:
Der Geschädigte hatte eine Nutzungsausfallentschädigung für 172 Tage in Höhe von 8.600 EUR begehrt und zugesprochen bekommen.
Und mit einem Augenzwinkern ergänzen wir: Ein versierter Anwalt hat natürlich diesen “Bonus” immer im Ärmel, sprich´ im ersten Anschreiben… und dann auch noch genau die richtigen Formulierungen.
Und so klappt es dann auch vor dem heimatlichen Amtsgericht, so dass uns nun auch eine Bestätigung des AG Rostock, Urteil vom 07.10.2016, Aktenzeichen: 47 C 120/16 vorliegt. Die Urteilsgründe findet Ihr in einem gesonderten Beitrag unter den News.
Zumutbarkeit einer Kreditaufnahme? Nein! Aber immer die Schadenminderungspflicht beachten!
Zum Abschluss noch zwei wichtige Punkte, um das Thema abzurunden:
(1) Ein Geschädigter ist nicht verpflichtet, einen Kredit aufzunehmen, um eine Reparatur vorzufinanzieren. Die Versicherer behaupten natürlich das Gegenteil, aber die Rechtsprechung ist auch hier eindeutig auf Seiten des Geschädigten.
(2) Wenn es aber möglich ist, die Verkehrssicherheit durch eine schnelle und unkomplizierte Notreparatur wieder herzustellen, dann sollte dies bedacht und in Angriff genommen werden. Aber wenn auch hier Werkstatt und Sachverständiger des Vertrauens dabei sind, dann geht hier auch nichts schief.
Noch ein Hinweis zum allgemeinen Verständnis:
Das Gleiche gilt auch für die Fälle, in denen der Ausfall mit einem Mietwagen “überbrückt” wird. Allerdings sollte hier wegen der ständig auflaufenden Kosten noch viel genauer von Anfang an hierauf Wert gelegt werden. Es empfiehlt sich, am besten gleich nach dem Unfall Beratung einzuholen, um eben alles richtig zu machen und sich selber vor Kosten und Anspruchsverlust zu schützen.
Und hier noch mehr aus der Rechtsprechung (wird ständig aktualisiert):
OLG Saarbrücken, Urteil vom 01.06.2017 – 4 U 33/16
Für den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung wegen unfallbedingter Beschädigung eines Kraftfahrzeugs ist es grundsätzlich unschädlich, wenn dem Geschädigten von Dritten, insbesondere Familienmitgliedern, unentgeltlich ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt wird.
Aus den Gründen:
a) Der durch die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs bedingte Nutzungsausfall ist regelmäßig ein nach § 249 Abs. 2 BGB zu ersetzender Schaden (BGH NJW 2013, 1149, 1150 Rn. 13). Die Entschädigung für entgangene Gebrauchsvorteile des Kraftfahrzeugs setzt voraus, dass der Geschädigte tatsächlich an der Nutzung seines Fahrzeugs gehindert war (Nutzungsentzug) und der Verzicht auf ein Ersatzfahrzeug sich für ihn als „fühlbarer“ wirtschaftlicher Nachteil ausgewirkt hat, weil er das Fahrzeug während der Wiederherstellungszeit in dieser Zeit benutzen wollte (Nutzungswille) und zur Nutzung in der Lage war (hypothetische Nutzungsmöglichkeit) und die Entbehrung der Nutzung nicht in anderer, anrechenbarer Weise aufgefangen worden ist (Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR 1. Aufl. § 249 BGB Rn. 211 m. w. Nachw.). Der Nutzungsentzug infolge der Beseitigung der vom Kläger verursachten Beschädigung des Beklagten-Pkw, der durch die abgerechnete Reparatur (Bl. 40 ff. d. A.) indizierte Nutzungswille und die hypothetische Nutzungsmöglichkeit des offensichtlich weiterhin fahrtüchtigen Beklagten zu 1 stehen außer Frage. Schließlich ist entgegen der Auffassung des Landgerichts auch ein „fühlbarer“ wirtschaftlicher Nachteil des Beklagten zu 1 zu bejahen.
aa) Zwar kann die Fühlbarkeit der Nutzungsentbehrung fehlen, wenn dem Geschädigten ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung steht, dessen Einsatz ihm zumutbar ist (Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, aaO Rn. 215). Wer über ein weiteres Fahrzeug verfügt, dessen Einsatz ihm zuzumuten ist, kann keine Nutzungsausfallentschädigung, sondern allenfalls Ersatz der Vorhaltekosten beanspruchen (BGH NJW 1976, 286; Knerr in Geigel, Der Haftpflichtprozess 27. Aufl. Kap. 3 Rn. 97).
bb) Hingegen bleibt nach überwiegender Auffassung und insbesondere der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, welcher der Senat folgt, der Nutzungsentschädigungsanspruch bestehen, wenn der Geschädigte von Dritten, worunter auch Familienmitglieder fallen, unentgeltlich ein Ersatzfahrzeug erhalten hat (BGH NJW 1970, 1120, 1122 [fühlbare Einbuße auch dann, wenn statt des „kräfteschonende(n) Fahren(s) in dem leistungsstarken und bequemen (achtsitzigen) Mercedes 600“ vom Arbeitgeber ein Opel Rekord mit Chauffeur gestellt wird]; 1975, 255, 256 [Ehefrau]; 2013, 1151, 1153 Rn. 23 [Vater]; OLG Celle VersR 1973, 281 [Ehefrau]; OLG Koblenz r + s 2014, 46, 47 [Verwandtenkreis]; LG Osnabrück VersR 1984, 1178 [Ls.; Sohn]; Erman/Ebert, BGB 14. Aufl. § 249 Rn. 52; Staudinger/Schiemann, BGB Neubearb. 2017 § 251 Rn. 80; Böhme/Biela, Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden, 25. Aufl. a) Grundsätze Rn. 88; Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, aaO Rn. 215; vgl. auch Palandt/Grüneberg, BGB 76. Aufl. § 249 Rn. 42; a. A. z. B. AG Kaiserslautern ZfSch 1990, 193 [Ehefrau]; Fielenbach NZV 2015, 272, 273 ff. [Freunde oder Verwandte]). Würde im Fall der vorübergehenden Überlassung eines Fahrzeugs z. B. durch die Ehefrau des Geschädigten eine erst durch den Schadensfall ausgelöste, allein um der Ehe willen bestehende Hilfs- und Beistandspflicht zugunsten des Schädigers berücksichtigt, so widerspräche das dem in § 843 Abs. 4 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgrundsatz, dass es nicht zur Entlastung des Schädigers führen darf, wenn die konkrete wirtschaftliche Lage des Betroffenen von einer nachteiligen Veränderung nur dank solcher Leistungen eines anderen verschont geblieben ist, die nicht dem Schädiger zugutekommen sollen (BGH NJW 1975, 255, 256). Dies gilt auch für den Nutzungsausfallschaden (BGH NJW 1970, 1120, 1122; 2013, 1151, 1153 Rn. 23). So geht es beispielsweise den Schädiger offensichtlich auch nichts an, wenn der Geschädigte, der mangels Ersatzwagens zu Fuß geht, von anderen aus Gefälligkeit mitgenommen wird oder wenn der Verkäufer des neu anzuschaffenden Wagens seinem Kunden schon gleich einen Ersatzwagen unentgeltlich zur Verfügung stellt (BGH NJW 1970, 1120, 1122). Insofern ist die – auf die vorstehend unter aa) dargestellte Konstellation anzuwendende – höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach Nutzungsausfall für ein beschädigtes Kraftfahrzeug nicht fordern kann, wer (selbst) über mindestens ein zweites derzeit ungenutztes Fahrzeug verfügt, dessen ersatzweiser Einsatz ihm zuzumuten ist (BGH NJW 1976, 286), nicht einschlägig (BGH NJW 2013, 1151, 1153 Rn. 23).
b) Die somit erforderliche Abgrenzung, ob die unter aa) – eigenes Ersatzfahrzeug – oder die unter bb) dargestellte Fallgestaltung – Überlassung eines Ersatzfahrzeugs durch Dritte – vorliegt, nimmt der Senat auf der Grundlage des im Berufungsrechtszug maßgeblichen Sach- und Streitstandes dahin vor, dass die für die Nutzungsausfallentschädigung unerhebliche Überlassung eines Ersatzfahrzeugs durch die Ehefrau, also die Konstellation unter bb), gegeben ist.
Warum es immer wichtig ist, bei der Anmietung eines Mietwagens nach einem Unfall aufmerksam zu sein, zeigt ein Urteil des
OLG Hamm, Urteil vom 23.01.2018, 7 U 46/17
1. Bei einer geringen Fahrleistung kann die Anmietung eines Ersatzwagens nicht erforderlich sein.
2. Wenn die Anmietung eines Ersatzwagens nicht erforderlich war, steht dem Geschädigten regelmäßig eine Nutzungsausfallentschädigung zu.
Aus den Gründen:
Der Senat geht davon aus, dass ein tägliches Fahrbedürfnis von weniger als 20 km am Tag einen Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstellt.
Allein die tatsächliche Fahrtstrecke ist zwar nicht entscheidend. Es ist anerkannt, dass kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorliegt, wenn der Geschädigte – vorliegend der Kläger – auf die ständige Verfügbarkeit eines KFZ angewiesen gewesen wäre oder der Fahrbedarf nicht voraussehbar war.
Aufgrund des für den Kläger absehbaren deutlich unterdurchschnittlich geringen Fahrbedarfs hätte er vorab den Preis des Mietfahrzeugs überschlägig erfragen und eine überschlägige Gegenüberstellung zu den voraussichtlichen Taxikosten vornehmen müssen. Dann hätte sich ihm aufdrängen müssen, dass die Mietwagenkosten von ca. 111 € pro Tag die voraussichtlichen Taxikosten um ein Mehrfaches übersteigen werden. Diese Überlegungen mussten sich für den Kläger auch deswegen aufdrängen, weil die geltend gemachten Mietwagenkosten über ¼ der Reparaturkosten betragen.
Und wie das aussieht, wenn “unser” Amtsgericht uns bestätigt, dem sei ein Blick in unseren folgenden Beitrag empfohlen:
Nutzungsausfall … und die Handlungsanleitung des Amtsgerichtes Rostock