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Der Seitenabstand (beim Überholen, Vorbeifahren usw.) – zu einer eurer beliebten Fragen hier mal eine kleine “grobe” Übersicht. Aber wie immer im Recht ist es eine “Sache des Einzelfalls” und die Frage, wie denn in diesem Einzelfall die Haftungsquote aussieht, ist ebenso spannend.
In dem Sinne immer schön Abstand halten!
Erst einmal lohnt ein Blick in § 5 Abs. 4 StVO:
… Beim Überholen muss ein ausreichender Seitenabstand zu den anderen Verkehrsteilnehmern eingehalten werden. Beim Überholen mit Kraftfahrzeugen von zu Fuß Gehenden, Rad Fahrenden und Elektrokleinstfahrzeug Führenden beträgt der ausreichende Seitenabstand innerorts mindestens 1,5 m und außerorts mindestens 2 m. An Kreuzungen und Einmündungen kommt Satz 3 nicht zur Anwendung, sofern Rad Fahrende dort wartende Kraftfahrzeuge nach Absatz 8 rechts überholt haben oder neben ihnen zum Stillstand gekommen sind. Wer überholt, muss sich so bald wie möglich wieder nach rechts einordnen. Wer überholt, darf dabei denjenigen, der überholt wird, nicht behindern.
Und dann starten wir mal unsere Urteilssammlung (und hoffen, dass sie nach und nach wächst)…
OLG Oldenburg, Urteil vom 21.09.2021, 2 U 121/21
Überholen eines Fahrradfahrers auf einem Radweg durch einen anderen Fahrradfahrer
Aus den (interessanten) Urteilsgründen:
Der Senat vermag die Auffassung des Landgerichts, dass der Kläger hier von einem Überholvorgang hätte absehen müssen, weil er einen Seitenabstand von 1,5 bis 2 m nicht habe einhalten können, nicht zu teilen. Eine solche Annahme erscheint aus Sicht des Senats lebensfremd. Sie würde bedeuten, dass man als Radfahrer nahezu im gesamten Stadtgebiet andere Radfahrer nicht überholen könnte, weil ein solcher Seitenabstand auf praktisch keinem Radweg einzuhalten wäre. Ein solches Gebot ergibt sich auch nicht aus den vom Landgericht zitierten Entscheidungen des OLG Karlsruhe und des OLG Saarbrücken.
Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass man als Radfahrer grundsätzlich mit Schwankungen eines vorausfahrenden Radfahrers rechnen muss. Ein Seitenabstand von ca. 32 cm sei zu gering. Auf einem 2 m breiten Radweg müsse ggfs. von einem Überholen abgesehen werden (Beschl. vom 30.05.2016 – 9 U 115/15, juris Rdn. 20).
Das OLG Saarbrücken hat zwar einen Seitenabstand von 1,5 bis 2 m für angemessen gehalten. Das betraf aber den Seitenabstand von einem Pkw zu einem Radfahrer, den er auf einer freien Landstraße überholt hat (Urt. vom 21.03.1980 – 3 U 141/79, Verkehrsrechtliche Mitteilungen, 1980, 79 Nr. 104). Diese Entscheidung ist deshalb für das Überholen eines anderen Radfahrers auf einem Radweg nicht maßgeblich.
Entscheidend sind vielmehr die jeweiligen Umstände des Einzelfalls (OLG Karlsruhe, a.a.O, mit Hinweis auf BGH, VRS Band 31, 404).
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