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BGH, Beschluss vom 14.09.2022, IV ZB 34/21
Verhältnis von postmortaler Vollmacht zur Testamentsvollstreckung
Das Verhältnis von postmortaler Vollmacht zu einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung kann nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall aufgrund einer Auslegung der Vollmachtsurkunde und der letztwilligen Verfügung unter Berücksichtigung des Erblasserwillens ermittelt werden.
BGH, Beschluss vom 16.03.2022, IV ZB 27/21
Keine Erbausschlagung durch den Nachlasspfleger
Der Nachlasspfleger ist nicht berechtigt, mit Wirkung für die unbekannten Erben eine in den Nachlass des Erblassers gefallene weitere Erbschaft auszuschlagen. Das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft ist ein allein dem Erben bzw. seinen Rechtsnachfolgern, den Erbeserben, persönlich zustehendes Recht.
BGH, Beschluss vom 17.02.2022, V ZB 14/21
Nachweis der Erbfolge bei Scheidungsklausel / Erbfolge des überlebenden Ehegatten
a) Einem Nachweis der Erbfolge des überlebenden Ehegatten gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO steht nicht entgegen, dass die letztwillige Verfügung eine dem § 2077 Abs. 1 BGB entsprechende Scheidungsklausel enthält, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass deren Voraussetzungen erfüllt sind.
b) Das gilt auch, wenn die Scheidungsklausel abweichend von § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB vorsieht, dass die letztwillige Verfügung bereits dann unwirksam sein soll, wenn der überlebende Ehegatte einen Scheidungsantrag gestellt hat.
OLG München, Urteil v. 23.08.2021 – 33 U 325/21
Auskunftsanspruch und Verurteilung zur Auskunftserteilung / Wertermittlungsanspruch
1. Der Pflichtteilsberechtigte hat im Rahmen des Auskunftsanspruchs zu Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen grundsätzlich keinen Anspruch auf Vorlage von Belegen (Anschluss an OLG Düsseldorf ZEV 2019, 90).
2. Wird der Beklagte nicht nur zur Auskunftserteilung, sondern auch zur Belegvorlage verurteilt, kommt es für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes auch auf die Kosten an, die mit der Beschaffung der Belege (hier u.a. Bankunterlagen für die letzten 10 Jahre vor dem Erbfall) verbunden sind.
VerfGH München, Entscheidung vom 17.08.2021 – Vf. 84-VI-20
Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde im Erbscheinsverfahren
Eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung im Erbscheinsverfahren ist aus Gründen der Subsidiarität wegen der Möglichkeit der Erbenfeststellungsklage regelmäßig unzulässig.
Quelle → VOLLTEXT / VerfGH MÜNCHEN / 17.08.2021 – Vf. 84-VI-20
OLG Köln, Beschluss vom 22.07.2021, 2 Wx 131/20
Formwirksamkeit eines Testaments bei nachträglichen Änderungen / Änderungen eines Testaments müssen immer unterschrieben werden
Ein formwirksames Testament kann zwar auch dadurch hergestellt werden, dass der Testierende die Fotokopie eines von ihm eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testaments eigenhändig ändert, wenn der im vorhandenen Original und auf dessen Kopie niedergelegte Text ein einheitliches Ganzes bildet. Unter dieser Voraussetzung können auch Änderungen in Form von eigenhändigen Durchstreichungen des fotokopierten Textes Teil eines formwirksamen Testaments sein.
Die formwirksame Errichtung eines eigenhändig geschriebenen ordentlichen Testaments muss dabei weder in einem einheitlichen Akt noch in einer einzigen Urkunde erfolgen. Vielmehr kann der Erblasser auch das zur Errichtung eines formgerechten Testaments benutzen, was er als früheres Testament niedergeschrieben hat, um es durch eigenhändige Ergänzung so zu vollenden, dass es sein nunmehr gewolltes Testament darstellt. Es ist unschädlich, wenn die Niederschrift auf mehreren, nicht miteinander verbundenen Blättern erfolgt, sofern diese inhaltlich ein Ganzes sind und eine einheitliche Willenserklärung enthalten. Maßgeblich ist daher, dass die letztwillige Verfügung am Ende der erforderlichen Form entspricht und der Erblasser sie als seine rechtsverbindliche letztwillige Verfügung ansah und als solche behandelt wissen wollte (vgl. OLG München, Beschluss v. 25.10.2005, 31 Wx 72/05 m.w.N.).
Voraussetzung ist dabei allerdings, um den Formerfordernissen des § 2247 BGB zu entsprechen, dass auch die Änderungen mit einer Unterschrift des Erblassers versehen sind. Nichts anderes folgt auch aus der vorgenannten Entscheidung des OLG München, der abweichend von der vorliegenden Fallkonstellation eine Änderung zugrunde lag, die nicht nur mit Datumsangabe sondern auch mit (erneuter) eigenhändiger Unterschrift abgefasst war (vgl. hierzu auch OLG München, Beschlüsse vom 31.08.2011, 31 Wx 179/10 und vom 13.09.2011, 31 Wx 298/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.02.2019, 25 Wx 65/18).Dies gilt umso mehr, als die Erblasserin ihre erste Änderung vom 17.01.2008 unterzeichnet hat und lediglich die zweite Änderung vom 01.01.2019 nicht erneut unterschrieben hat. Auch insofern ist nicht auszuschließen, dass es sich lediglich um einen Entwurf handeln sollte.
OLG Braunschweig, Beschluss vom 17.12.2021, 3 W 48/21
Fiskuserbschaft neben Erben dritter Ordnung und Funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers für die Feststellung des Fiskuserbrechts auch in streitigen Fällen
1. Für die Feststellung des Fiskuserbrechts gemäß § 1964 BGB ist beim Nachlassgericht funktionell grundsätzlich der Rechtspfleger zuständig; der landesrechtliche Richtervorbehalt des § 14 Abs. 1 Satz 2, Satz 1 Nr. 4 ZustVO-Justiz umfasst das Feststellungsverfahren auch dann nicht, wenn Einwände gegen die Feststellung erhoben worden sind.
2. Eine Fiskuserbschaft kommt neben Erben dritter Ordnung nicht in Betracht; ist die ganze Linie eines Großelternpaares weggefallen, tritt gemäß § 1926 Abs. 4 BGB die Linie des anderen Großelternpaares an ihre Stelle, nicht der Fiskus.
3. Ein Abvermerk der Geschäftsstelle stellt keine Aufgabe zur Post im Sinne von § 15 Abs. 2 FamFG dar.
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 03.11.2021, 5 W 58/21
Kein berechtigtes Interesse an Grundbucheinsicht zur Klärung von Ausgleichspflichten unter Miterben
Beschränkt sich der Vortrag eines Miterben auf den rechtlichen Hinweis, dass zur Klärung von Ausgleichspflichten nach § 2055 ff. BGB ein umfassendes Einsichtsrecht in das Grundbuch auch von früheren Immobilien des Erblassers bestehe, reicht dies zur Darlegung eines berechtigten Interesses an der begehrten Einsicht nicht aus.
OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 15.12.2021, 21 W 170/21
Kumulativer Erbteilserwerb bei Minderjährigenadoption
Wird ein Adoptivkind von Verwandten zweiten Grades (hier: Tante) adoptiert und versterben sowohl die leiblichen Eltern als auch die Adoptiveltern, lässt § 1756 Abs. 1 Satz 1 BGB das Eintrittsrecht des Adoptivkindes in den Stamm der vorverstorbenen leiblichen Eltern fortbestehen, so dass das Adoptivkind neben dem Erbteil der leiblichen Eltern zugleich auch den Erbteil der Adoptiveltern erlangen kann (Fall des Mehrfacherwerbs nach § 1227 Satz 1 BGB).
OLG Bremen, Beschluss vom 14.09.2021, 5 W 27/21
Erteilung eines Erbscheins, Stellvertretung, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bei einem nicht geschäftsfähigen Antragsteller
1. Im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins kann sich der Antragsteller vertreten lassen. Hierfür ist eine schriftliche Vollmacht ausreichend.
2. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gem. 352 Abs. 3 S. 3 FamFG kann bei einem nicht geschäftsfähigen Antragsteller durch einen Vorsorgebevollmächtigten erfolgen (im Anschluss an OLG Celle, Beschl. v. 20.06.2018, 6 W 78/18; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.04.2018, 25 Wx 68/17).
Quelle → VOLLTEXT / 14.09.2021 / 5 W 27/21
BGH, Urteil vom 01.12.2021 – IV ZR 189/20
Eidesstattliche Versicherung durch den Erben
Unter den Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 BGB ist der Erbe auch dann zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet, wenn die Auskunft nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses erteilt worden ist. Die Versicherung an Eides statt ist nicht auf die Angaben, die im Verzeichnis als solche des Erben gekennzeichnet sind, beschränkt. Hält der Erbe Ergänzungen oder Berichtigungen des notariellen Verzeichnisses für erforderlich, ist die an Eides statt zu versichernde Formel entsprechend anzupassen (vgl. § 261 Abs. 1 BGB).
BGH, Beschluss vom 10.11.2021 – IV ZB 30/20
Zur Unwirksamkeit einer Erbeinsetzung, wenn die Erben in einem eigenhändigen Testament erst durch Bezugnahme auf eine nicht die Testamentsform wahrende Anlage individualisierbar bestimmt werden.
Aus den Gründen:
Sämtliche Verfügungen des Erblassers müssen, um wirksam zu sein, diese Formanforderungen erfüllen (BeckOGK/Grziwotz, BGB § 2247 Rn. 32 [Stand: 1. Oktober 2021]). Dabei ist es zulässig, dass in einem Testament auf eine andere wirksame letztwillige Verfügung, insbesondere auf ein notarielles Testament, verwiesen wird (Senatsbeschluss vom 15. Juni 2010 – IV ZR 21/09, ZEV 2010, 364 Rn. 7 m.w.N.). Hingegen kann der Erblasser hinsichtlich des Inhalts der letztwilligen Verfügung grundsätzlich nicht auf Schriftstücke, die nicht der Testamentsform genügen, Bezug nehmen (sog. “testamentum mysticum”; vgl. Senatsurteil vom 29. Mai 1980 – IVa ZR 26/80…).
Zulässig soll allerdings nach herkömmlicher Ansicht die Bezugnahme zum Zwecke der näheren Erläuterung der testamentarischen Bestimmungen sein, weil es sich dann nur um die Auslegung des bereits formgültig erklärten, andeutungsweise erkennbaren Willens handele (vgl. OLG Köln aaO; Palandt/ Weidlich aaO); insoweit wird nach bisheriger Rechtsprechung zwischen (zulässigen) Bezugnahmen zur näheren Erläuterung einerseits und (unzulässigen) ergänzenden oder inhaltsbestimmenden Bezugnahmen andererseits unterschieden (vgl. KG Berlin ZEV 2018, 272 Rn. 11 f., 14; OLG Hamm FamRZ 2006, 1484 unter II [juris Rn. 24]; …). Die Unterscheidung zwischen erläuternden und ergänzenden Bezugnahmen birgt jedoch die Gefahr erheblicher Abgrenzungsschwierigkeiten und hat zum Teil zu einer zu großzügigen Zulassung von Bezugnahmen auf nicht formwirksame Anlagen geführt (vgl. OLG Hamburg ZEV 2016, 32 Rn. 17 f.).
BGH, Beschluss vom 08.09.2021 – IV ZB 17/20
Im Erbschein ist der Berufungsgrund grundsätzlich auch dann nicht anzugeben, wenn dies beantragt ist.
Aus den Gründen:
Gemäß § 2353 BGB ist dem Erben auf seinen Antrag hin ein Zeugnis über sein Erbrecht, d.h. darüber, dass der im Erbschein so Bezeichnete Erbe ist, und (gegebenenfalls) über die Größe des Erbteils zu erteilen ; außerdem sind Anordnungen zu nennen, die den Erben beschränken, vgl. § 2365 BGB. Eine Angabe des Berufungsgrundes sieht der Gesetzes wortlaut dagegen nicht vor. Er ist daher grundsätzlich nicht in den Erbschein aufzunehmen …
Nur ausnahmsweise kann er anzugeben sein, etwa wenn dies bei mehrfachem Berufungsgrund (§§ 1951, 2088 BGB) zur Bezeichnung des Umfanges des Erbrechts notwendig ist …
Quelle → VOLLTEXT / BGH vom 08.09.2021 / IV ZB 17/20
LG Arnsberg, Urteil vom 17.09.2021, 1 O 261/19
Pflichtteilsberechtigter kann – bei Erforderlichkeit – Anspruch auf Erstattung von Gutachterkosten haben
Aus den Gründen:
Insbesondere durften die Kläger die Kosten für die Erstellung eines Wertermittlungsgutachtens für erforderlich halten.
Eine Erstattung der Kosten eines vom Auftraggeber vorgerichtlich beauftragten Sachverständigen kommt zwar nur in Betracht, wenn die Beauftragung des Gutachters unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls nach Zeitpunkt, Inhalt und Umfang des Auftrags bei objektiver verständiger Sicht dem Auftraggeber erforderlich erscheinen musste, sogenannte psychische Kausalität.
Vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.08.2013, 22 U 4/13.
Die Beklagte bezifferte den Verkehrswert der streitgegenständlichen Immobilie insistierend auf nur 60.000,00 €. Da dies trotz ersichtlich entgegenstehender Anhaltspunkte, vgl. etwa Anlage K 2, und der Aufforderung der Klägerseite, einen höheren Betrag anzuerkennen, erfolgte, durften sich die Kläger unter Zugrundlegung eines objektiven Bewertungsmaßstabes nachvollziehbar herausgefordert fühlen, einen Sachverständigen zur Klärung der streitigen Sachlage hinzuzuziehen.
Quelle → VOLLTEXT / AG ARNSBERG / 17.09.2021 / 1 O 261/19
OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08.09.2021, 2 Wx 49/21
Nachweis der Erbfolge nur durch einen Erbschein oder ein europäisches Nachlasszeugnis, ersatzweise durch eine öffentliche Urkunde, nicht aber durch ein privates, eigenhändiges Testament
Quelle → VOLLTEXT / OLG SH / 08.09.2021 / 2 Wx 49/21
BGH, Urteil vom 26.05.2021 – IV ZR 174/20
Kein Abzug von Grabpflegekosten bei der Pflichtteilsberechnung
1. Grabpflegekosten sind keine Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1968 BGB.
2. Eine in einer letztwilligen Verfügung enthaltene Auflage des Erblassers an die Erben zur Grabpflege führt nicht zu einer Kürzung eines Pflichtteilsanspruchs.
BFH, Urteil vom 06.05.2021, II R 46/19
1. Erwirbt ein Steuerpflichtiger von Todes wegen eine Wohnung, die an seine selbst genutzte Wohnung angrenzt, kann dieser Erwerb als Familienheim steuerbegünstigt sein, wenn die hinzuerworbene Wohnung unverzüglich zur Selbstnutzung bestimmt ist.
2. Der wegen der Beseitigung eines gravierenden Mangels eintretende Zeitverzug steht der unverzüglichen Selbstnutzung nicht entgegen, wenn der Erwerber den Baufortschritt angemessen fördert.
Quelle → VOLLTEXT / BFH / 06. Mai 2021 / II R 46/19
OLG Hamm, Beschluss vom 6.5.2021 – 10 W 9/21
Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments; Anforderungen an die Aufklärung einer Testierunfähigkeit
Ein gemeinschaftliches Testament kann durch Ehegatten nicht nur in einer einzelnen, sondern auch in zwei getrennten Urkunden errichtet werden. Für die Annahme einer gemeinschaftlichen Erklärung ist es nicht ausreichend, dass die beiden Einzelurkunden am gleichen Tag und Ort und mit im Wesentlichen gleichem Inhalt errichtet worden sind, wenn sie darüber hinaus keine Anhaltspunkte dafür enthalten, dass die Eheleute als gemeinschaftlich erklärend aufgetreten sind.
Und:
Zu den Voraussetzungen der Amtsaufklärung der Testierfähigkeit der zur Zeit der Errichtung des Testaments unter Betreuung stehenden Erblasserin.
auch und gerade → VOLLTEXT / OLG Hamm / 10.05.2021 / 10 W 9/21
OLG Braunschweig, Urteil vom 28.04.2021, 9 U 24/20
Rechnungslegungsklage einer Erbengemeinschaft: Auftragsverhältnis zwischen Mutter und Sohn bei erteilter Vorsorgevollmacht / Auskunfts- und Zahlungsanspruch der Gemeinschaft
Bevollmächtigter Erbe ist Miterben nur bedingt zur Rechnungslegung verpflichtet
1. Das eine Rechnungslegungspflicht auslösende Auftragsverhältnis kann nicht schon aus einer bloßen Bevollmächtigung also solcher abgeleitet werden. Sie betrifft regelmäßig nur das rechtliche Dürfen nach außen. Erforderlich ist die Einigung darüber, dass jemand für einen anderen in dessen Angelegenheiten tätig wird und pflichtgemäß tätig werden muss.
2. Der Grundsatz, wonach Ehegatten regelmäßig kein Auftragsverhältnis untereinander begründen, gilt wegen des die Ehe prägenden besonderen Vertrauensverhältnisses nicht pauschal für andere Angehörigenbeziehungen. Daraus folgt für das Verhältnis der Mutter zu dem von ihr bevollmächtigten Sohn indes auch nicht umgekehrt bereits „automatisch“ ein Auftragsverhältnis (nebst Rechnungslegungspflicht). Entscheidend sind vielmehr alle Umstände des Einzelfalles.
3. Einigt sich eine Mutter mit ihrem erwachsenen, mit ihr nicht im selben Haushalt lebenden Sohn darauf, dass, falls sie irgendwann durch Krankheit oder Behinderung vorübergehend oder dauerhaft selbst nicht mehr dazu in der Lage sein sollte, ihre rechtlichen Angelegenheiten zu regeln und ihren Willen zu äußern, der Sohn sich um die Regelung ihrer rechtlichen Angelegenheiten kümmern soll, und wird ihm im Zusammenhang mit dieser Einigung von der Mutter eine ausdrücklich nur unter denselben Voraussetzungen geltende Vorsorgevollmacht erteilt, ist regelmäßig von einem zum Eintritt der entsprechenden Hilfsbedürftigkeit der Mutter wirksam werdenden Auftragsverhältnis auszugehen; ein solches Auftragsverhältnis verpflichtet den Sohn in der Regel dann auch zur Rechnungslegung.
4. Soweit ein auf die Erben einer Vollmachtgeberin übergegangener Rechnungslegungsanspruch nicht besteht, lässt das etwaige Auskunfts- und Zahlungsansprüche der Erbengemeinschaft gegen den Bevollmächtigten unberührt.
Quelle → VOLLTEXT / OLG BRAUNSCHWEIG / 9 U 24/20
OLG Rostock, Beschluss vom 31.08.2020, 3 W 84/19
Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit der Testamentsechtheit
Da eine absolute Gewissheit der Echtheit eines Testaments im naturwissenschaftlichen Sinne fast nie zu erreichen und die theoretische Möglichkeit des Gegenteils der Tatsache, die festgestellt werden soll, kaum auszuschließen ist, genügt für die richterliche Überzeugung nach herrschender Rechtsprechung insoweit ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der vernünftige Zweifel ausschließt. Eine solche Gewissheit liegt auch in Amtsverfahren – wie dem Erbscheinsverfahren – vor, wenn diese einen Grad erreicht hat, „der den Zweifeln Einhalt gebietet“, ohne sie völlig ausschließen zu können.
Quelle → VOLLTEXT OLG Rostock – 3 W 84/19
OLG Brandenburg, Beschluss vom 01.06.2021 – 3 W 53/21
Errichtung eines Testaments durch Ergänzung eines früheren eigenhändigen Testaments
1. Zur formgerechten Errichtung eines eigenhändigen Testaments kann der Erblasser auch den Text benutzen, den er als früheres Testament niedergeschrieben hat, um ihn durch eigenhändige Ergänzung so zu verändern, dass er sein nunmehr gewolltes Testament darstellt. Für die Formgültigkeit kommt es insoweit nur darauf an, dass im Zeitpunkt des Todes eine die gesamten Erklärungen nach dem Willen des Erblassers deckende Unterschrift vorhanden ist.
2. Neue Verfügungen, die ein durch ein gemeinschaftliches Testament in seiner Testierfreiheit beschränkter Ehegatte getroffen hat, sind wirksam, wenn die vorrangige wechselbezügliche Verfügung durch den ersatzlosen Wegfall des Bedachten infolge dessen Vorversterbens gegenstandslos wird.
Quelle → Beck-Verlag / beck-online / BeckRS 2021, 14873
OLG München, Urteil v. 06.02.2019 – 20 U 2354/18
Kein Pflichtteilsergänzungsanspruch bei fehlendem Geschenk an einen Dritten
Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch nach §§ 2327 Abs. 1, Abs. 2, 2051 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass neben dem Pflichtteilsberechtigten mindestens ein Geschenk an einen Dritten erfolgte. Wurde außer dem fortgefallenen Abkömmling niemand beschenkt, kommt für den an dessen Stelle getretenen Abkömmling eine Ergänzung nicht in Betracht.
Die Erklärung, dass eine Zuwendung auf den Pflichtteil gemäß § 2315 Abs. 1 BGB anzurechnen ist, muss als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung vor oder bei der Zuwendung formlos erfolgen. Sie kann auch mündlich oder stillschweigend erklärt werden, muss aber so eindeutig sein, dass sie für den Pflichtteilsberechtigten vor oder bei Zuwendung als solche erkennbar ist.
Quelle → VOLLTEXT / OLG München / 06.02.2019 / 20 U 2354/18
OLG Rostock, Beschluss vom 25.08.2020, 3 W 94/19
Beschränkung der Wechselbezüglichkeit eines Testaments auf die Lebzeit der Testierenden
Da es den Ehegatten freisteht zu bestimmen, ob und inwieweit ihre letztwilligen Anordnungen wechselbezüglich sein sollen, sind sie auch als befugt anzusehen, die Widerruflichkeit wechselbezüglicher Verfügungen über den im Gesetz vorgesehenen Rahmen hinaus zu erweitern bzw. zu beschränken oder auszuschließen und dem Überlebenden sogar ein freies Widerrufsrecht einzuräumen.
Quelle → VOLLTEXT OLG Rostock – 3 W 94/19
OLG Frankfurt am Main vom 09.07.2020, Az. 10 W 21/20
Corona-Pandemie allein befreit nicht von Notartermin
Die Corona-Pandemie allein führt nicht zur Unzulässigkeit von Zwangsmaßnahmen. Der Schuldner muss vielmehr konkret darlegen, aus welchen Gründen ihm trotz Einhaltung der gebotenen Schutzmaßnahmen die Wahrnehmung eines Termins zur Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses unzumutbar ist. Der bloße Verweis auf eine „eigene stark erhöhte Gefährdungslage“ genügt insoweit nicht.
OLG Braunschweig, Beschluss vom 20.03.2019, 1 W 42/17
Testieren mittels eines nicht datierten Notizzettels zugunsten einer nicht namentlich bezeichneten Person
Auch in einem wenige Zentimeter großen handschriftlich beschriebenen Notizzettel kann grundsätzlich ein wirksames Testament liegen.
Der Wirksamkeit eines „Notizzetteltestaments“ steht – wenn ein anderes Testament existiert – entgegen, dass der Notizzettel nicht datiert ist und sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit seiner Errichtung auch nicht anderweitig treffen lassen.
Insbesondere bei einem Schriftstück, das nicht den für Testamente üblichen Gepflogenheiten entspricht, muss außer Zweifel stehen, dass der Erblasser es mit Testierwillen erstellt hat; bei verbleibenden Zweifeln findet die Vorschrift des § 2084 BGB keine Anwendung.
Eine Erbeinsetzung desjenigen, „der für mich aufpasst und [mich] nicht ins Heim steckt“ ist nicht ausreichend bestimmt und daher nichtig.
OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 11.03.2021, 20 W 96/20
Beweis des Umstands, das einzige Kind zu sein, durch eidesstattliche Versicherung
Ist im Grundbuchverfahren zum Zweck des Nachweises der Erbenstellung durch eidesstattliche Versicherung nachzuweisen, dass jemand das einzige Kind seiner Eltern ist, so ist die eidesstattliche Versicherung in erster Linie durch die Eltern bzw. den überlebenden Elternteil abzugeben. Nur wenn beide Eltern verstorben sind, kommt der Nachweis durch eidesstattliche Versicherung des Kindes selbst in Betracht.
OLG Rostock, Beschluss vom 19.03.2021, 3 W 13/18
Testamentsnachweis durch Kopie; Testamentswiderruf
Eine Kopie des Originaltestaments, welches nicht mehr auffindbar ist, kann als Nachweis genügen, wenn damit die formgerechte Errichtung des Originaltestaments nachgewiesen werden kann.
Gemäß § 2255 BGB kann ein Testament dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser in der Absicht, es aufzuheben, die Testamentsurkunde vernichtet oder an ihr Veränderungen vornimmt, durch die der Wille, eine schriftliche Willenserklärung aufzuheben, ausgedrückt zu werden pflegt. Hat der Erblasser die Testamentsurkunde vernichtet oder in der bezeichneten Weise verändert, wird vermutet, dass er die Aufhebung des Testaments beabsichtigt hat.
Beweisbelastet für den Widerruf einer letztwilligen Verfügung ist derjenige, der seine Rechte aus der gesetzlichen Erbfolge herleiten will.
und (redaktioneller Leitsatz nach NJW-Spezial 2021, 616):
Ist nicht aufklärbar, ob einer der Testatoren durch Weißen seiner Unterschrift auf einem Ehegattentestament seinen Testamentswiderruf zum Ausdruck bringen will, gilt es nicht als widerrufen, wenn auf einer Kopie des Testaments noch die Originalunterschrift sichtbar ist.
Quelle → VOLLTEXT / OLG Rostock / 19.03.2021 / 3 W 13/18
OLG Frankfurt / Main, Beschluss vom 30.08.2019 – 10 W 38/19
Zur Wirksamkeit eines Schriftstücks als letztwillige Verfügung, das der Erblasser mit “Entwurf Testament” überschrieben hat
Zwar kann auch ein vom Erblasser selbst als Entwurf bezeichnetes Schriftstück ein gültiges Testament sein, wenn das Schriftstück nach dem feststellbaren Willen des Erblassers als wirksame Verfügung von Todes wegen gelten soll.
Das Landgericht hat jedoch zutreffend begründet, warum das von der Erblasserin geschriebene Schriftstück kein solches nach deren feststellbaren Willen gültiges Testament sein sollte.
Das Schriftstück hat eine Reihe von Regelungen offengelassen, die das gültige Testament enthalten sollte. So wird der Ersatzerbe nicht benannt („Ersatzerbe soll “).
Der Empfänger eines steuerfreien Betrages von 5.200,00 € zuzüglich der Kosten für die Nachlassregelung bleibt offen („Ich verfüge, dass sie/er von meinem Guthaben …. einen steuerfreien Betrag von 5.200,- EURO erhält, zuzüglich der Kosten für die Nachlassregelung“).
Die an die Vermächtnisnehmer zu 1) bis 3), darunter die Antragstellerin selbst als Vermächtnisnehmerin zu 3), auszuzahlenden Beträge sind ebenfalls nicht angegeben. Insbesondere bei der Vermächtnisnehmerin zu 1) hat die Erblasserin bereits das Zeichen „€“ vermerkt, davor jedoch keinen Betrag eingetragen. Angabe der Höhe dieser Vermächtnisse war jedoch erforderlich, um die „Restsumme“ ermitteln zu können, von denen die Vermächtnisnehmer zu 4) und 5) dann jeweils 50 % erhalten sollten. Somit ist ausgeschlossen, dass die Erblasserin etwa den Vermächtnisnehmern zu 1) bis 3) jeweils ein Drittel ihrer Geldmittel zuwenden wollte.
Weiter spricht für einen bloßen Entwurfswillen der Erblasserin, dass das Datum der Verfügung nicht angegeben worden ist und das Schriftstück auch nicht etwa die Unterschrift der Erblasserin aufweist, sondern nur die Paraphe „E Sch“. Dies ist hier unabhängig davon bedeutsam, ob ein Testament, das als Unterschrift lediglich die Paraphe des Erblassers enthält, gleichwohl der Form des § 2247 BGB entspricht.
OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 21.06.2021 – 21 W 39/21
Zulässige Beschränkung eines Erbverzichtsvertrags
§ 2349, 2. Teilsatz BGB eröffnet den Parteien eines Erbverzichtsvertrags die Möglichkeit, eine Begrenzung der Verzichtswirkung auf einzelne Abkömmlinge zu vereinbaren.
OLG München, Endurteil v. 08.02.2021 – 33 U 4723/20
Anspruch auf Auflassung eines Grundstückes gegen einen mit Weitergabeverpflichtung Beschenkten
Die Auflage, dass der Beschenkte den Schenkungsgegenstand spätestens bis zu seinem Tod an den Zweitbeschenkten weiterzugeben hat, ist als lebzeitige Weitergabeverpflichtung schuldrechtlicher Art wirksam und begründet, nach dem Tod des Erstbeschenkten, gemäß § 1967 Abs. 2 BGB, einen unmittelbaren Anspruch gegen die Erben des Erstbeschenkten auf Erfüllung der Auflage.
Notarielle Vereinbarungen sind der Auslegung zugänglich, da auch notarielle Texte nicht immer sprachlich zweifelsfrei formuliert sind.
Nachträgliche Vorgänge können bei der Auslegung berücksichtigt werden, soweit diese Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis, der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten, zulassen.
Quelle → VOLLTEXT / OLG München / 08.02.2021 / 33 U 4723/20
OLG Celle, Urteil vom 13.02.2020, 6 U 76/19
Sozialhilfeträger kann Familienangehörigen zum Kapitalaufbau geschenktes Geld bei Bedürftigkeit des Schenkers zurückfordern
Über mehrere Jahre monatlich geleistete Zahlungen an Familienangehörige zum Kapitalaufbau stellen keine „privilegierten Schenkungen“ im Sinne von § 534 BGB dar, so dass der Sozialhilfeträger diese deshalb von den beschenkten Familienangehörigen zurückfordern kann, wenn der Schenker selbst bedürftig wird und deshalb Leistungen von einem Sozialhilfeträger bezieht.
OLG Bremen, Urteil vom 19.11.2020 – 5 U 22/20
Anfechtung der Annahme einer Erbschaft
Ein die Anfechtung der Annahme einer Erbschaft rechtfertigender Grund kann auch darin liegen, dass der anfechtende Miterbe davon ausgeht, dass eine zur Überschuldung des Nachlasses führende Nachlassverbindlichkeit infolge von § 2166 BGB von dem anderen Miterben allein zu tragen ist.
Die bloße schriftliche Erklärung des ein Testament des Erblassers beurkundenden Notars zu den Vorstellungen des Erblassers bei dessen Abfassung kann unter Umständen nicht ausreichend sein, um dem Anfechtungsberechtigten die hinreichende Kenntnis von den Umständen zu vermitteln, die auf eine Überschuldung des Nachlasses schließen lassen (hier: Entfallen der Zweifelregelung des § 2166 BGB infolge entgegenstehenden Willens des Erblassers).
Der Anfechtungsberechtigte ist in diesem Fall auch nicht gehalten, zur Wahrung der Anfechtungsfrist eine sog. Eventualanfechtung zu erklären, weil es sich bei der Frage des Erblasserwillens nicht um eine Rechtsbedingung handelt.
OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 30.11.2020, 21 W 142/20
Bedeutung der Formulierung “Keine Verwandten sind erbberechtigt” in gemeinschaftlichem Testament von Eheleuten / zur Auslegung von Testamenten
Aus den Gründen:
… Die Testamentsauslegung hat zum Ziel, den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, wobei maßgeblich allein das subjektive Verständnis des Erblassers von den von ihm verwendeten Begriffen ist (vgl. BGH FamRZ 1987, 475, 476; Palandt/Weidlich, BGB, 2020, § 2084 Rn. 1). Zur Ermittlung des Inhalts der testamentarischen Verfügungen ist der gesamte Inhalt der Testamentsurkunde einschließlich aller Nebenumstände, auch solcher außerhalb des Testaments, heranzuziehen und zu würdigen (vgl. BGH NJW 1993, 256 m.w.N.). Solche Umstände können vor oder auch nach der Errichtung des Testamentes liegen. Dazu gehört das gesamte Verhalten des Erblassers, seine Äußerungen und Handlungen (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 2020, § 2084 Rn 2 m.w.N.), jedoch müssen sich mit Blick auf die Formerfordernisse des § 2247 BGB für einen entsprechenden Willen des Erblassers in der letztwilligen Verfügung – wenn auch nur andeutungsweise – Anhaltspunkte finden lassen (vgl. BGHZ 80, 242, 244; BGHZ 86, 41; Palandt/Weidlich, BGB, 2020, § 2084 Rn. 4).
Unter Anwendung vorstehender Grundsätze schließt sich der Senat der Auslegung des Nachlassgerichts an, wonach sich die Formulierung „Keine Verwandten sind erbberechtigt“ nur auf den ersten Erbfall, nicht hingegen auf die Erbfolge nach dem Längstlebenden bezieht. Hierfür spricht – wie bereits das Nachlassgericht zutreffend ausgeführt hat – bereits die systematische Stellung des Satzes innerhalb der letztwilligen Verfügung. Sie folgt unmittelbar nach der Regelung der Erbfolge nach dem Tod des Erstversterbenden und vor der Regelung, wonach sich eine mögliche Erbeinsetzung nach dem Längstlebenden richten kann. Zugleich beginnt, worauf das Nachlassgericht ebenfalls zu Recht ausgeführt hat, dieser nachfolgende Teil mit dem trennenden Einleitungswort „Danach“. Dies legt es nahe, dass der vorangegangene Satz des Ausschlusses der Erbberechtigung sich ausschließlich auf den Erbfall des Erstversterbenden bezieht.
Quelle → VOLLTEXT / OLG FFM / 30.11.2020 / 21 W 142/20
und zur
Auslegung einer Schlusserbeneinsetzung in gemeinschaftlichem Testament von Eheleuten
OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.02.2021, 21 W 165/20
Quelle → VOLLTEXT / OLG FFM / 16.02.2021 / 21 W 165/20
OLG Karlsruhe, Urteil vom 7.2.2017, 9 U 85/15
Auskunftsanspruch des Nacherben gegen den Vorerben und inhaltliche Anforderungen an ein zu erstellendes Verzeichnis der Erbschaftsgegenstände
Zwischen einer Auskunft über den “Bestand der Erbschaft” (§ 2127 BGB) und dem “Verzeichnis der Erbschaftsgegenstände” (§ 2121 Abs. 1 BGB) gibt es keinen inhaltlichen Unterschied.
Der Nacherbe kann daher eine Klage gegen den Vorerben auf Auskunft über den (aktuellen) “Bestand der Erbschaft” – ohne begründete Besorgnis von Pflichtverletzungen im Sinne von § 2127 BGB – auf § 2121 BGB stützen, solange der Vorerbe noch kein Verzeichnis im Sinne dieser Vorschrift erstellt hat.
Das vom Vorerben zu erstellende Verzeichnis gemäß § 2121 Abs. 1 BGB muss sich auch dann auf den Tag der Aufnahme beziehen, wenn es erst mehrere Jahre nach dem Tod des Erblassers erstellt wird. Sind zwischen dem Tod des Erblassers und dem Zeitpunkt der Aufnahme Veränderungen bei den Erbschaftsgegenständen eingetreten, muss das Verzeichnis diese Umstände berücksichtigen und auch die Ersatzstücke (§ 2111 BGB) vollständig angeben.
OLG Köln, Beschluss vom 23.9.2020 – 2 Wx 189/20
Gültigkeit eines „Tischtestaments“ – geht das denn?
Und so sah das “Testament” aus:
Auf die Tischplatte eines Holztisches in seinem Haus hat der Erblasser mit Filzstift Folgendes geschrieben:
„Testament D 22. April 2017
E F
geb. 12. März 1979 in Columbia
ist alleinige Erbin meines ganzen Vermögens.
Telefon xxxxxx“
Und was meint dazu das Gericht:
Die letztwillige Verfügung vom 22.04.2017 .. ist gem. § 125 BGB nichtig, weil sie nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form entspricht. Nach §§ 2231 Nr. 2, 2247 Abs. 1 BGB kann der Erblasser ein privatschriftliches Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Hier hat der Erblasser das Testament auf der Tischplatte zwar mit der Hand geschrieben. Es ist auch unerheblich, dass er das Testament nicht – wie üblich – auf Papier, sondern auf eine Tischplatte geschrieben hat, weil es auf das Material nicht ankommt, sofern der Text – wie hier – stofflich manifestiert ist.
Es fehlt indes an der Unterschrift. Die Unterzeichnung hat grundsätzlich am Schluss der Urkunde zu erfolgen. Sie soll das Testament räumlich abschließen, um spätere Zusätze auszuschließen. Die Unterschriftsleistung ist zwingendes Gültigkeitserfordernis, von dem aus Gründen der Rechtssicherheit nicht abgegangen werden kann. Sie garantiert die Ernstlichkeit der letztwilligen Verfügung. Nur die Unterschrift gibt die Gewähr für den Abschluss des Testaments durch den Erblasser. Hieran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Eine Unterschrift befindet sich auf der Tischplatte nicht.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2021, 3 Wx 194/20
Wirksamkeit einer nicht gesondert unterschriebenen Ergänzung auf der Rückseite des Ursprungstestaments
Die nicht gesondert unterschriebene Ergänzung eines handschriftlichen Testaments auf der Rückseite des Ursprungstextes ist formwirksam, wenn die Auslegung ergibt, dass die auf dem Testament bereits vorhandene Unterschrift die nachträgliche Ergänzung deckt (hier durch den Zusatz „b.w.“ und fortlaufende Nummerierung).
Quelle: Beck-Verlag / BeckRS 2021, 4766 / ZEV 2021, 404
OLG München, Beschluss vom 07.04.2021 – 31 Wx 108/21
Zur Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testamentes bei Überleben eines Ehepartners
Grundsätzlich ist nur das Original (die Urschrift) einer letztwilligen Verfügung, nicht aber eine einfache Kopie hiervon zu eröffnen. Aus dem Grundsatz, dass die Erbfolge aber auch aus einer nur noch in Kopie vorhandenen letztwilligen Verfügungen festgestellt werden kann, folgt jedoch, dass in einem solchen Fall ausnahmsweise die Kopie zu eröffnen ist.
Zu eröffnen ist grundsätzlich das gesamte Schriftstück. Eine Ausnahme gilt lediglich bei trennbaren Verfügungen des überlebenden Ehepartners in gemeinschaftlichen Testamenten, da nur die Verfügungen des verstorbenen Ehepartners zu eröffnen sind, § 349 Abs. 1 FamFG. Dabei kommt es für die Frage der Trennbarkeit nicht auf die Wünsche und Geheimhaltungsinteressen der Eheleute, sondern allein auf die konkrete Ausgestaltung und sprachliche Fassung des gemeinschaftlichen Testaments an. Liegt nur eine von einem Ehepartner handschriftlich niedergelegte und sodann von beiden Ehepartnern unterschriebene gemeinsame letztwillige Verfügung vor, in der Formulierungen wie „wir“ und „unser“ gewählt wurden, ist eine derartige Trennung und damit eine nur teilweise Eröffnung nicht möglich.
OLG München, Beschluss v. 05.05.2020 – 31 Wx 246/19, 31 Wx 248/19, 31 Wx 247/19, 31 Wx 249/19, 31 Wx 269/19
Feststellung des Testierwillens
1. Ohne das Hinzutreten besonderer Umstände besteht bei einer formgerecht errichteten Verfügung von Todes wegen keine Veranlassung, den Testierwillen des Erblassers zur Zeit der Errichtung anzuzweifeln.
2. Errichtet der Erblasser am selben Tag zwei inhaltlich identische Schriftstücke, die Verfügungen von Todes wegen enthalten, liegt die Prüfung nahe, ob der Erblasser zwei Originale oder aber ein Original und eine (handschriftliche) Abschrift errichten wollte.
3. Die Feststellungslast für das Vorliegen des Testierwillens trägt grundsätzlich derjenige, der aus einer Verfügung von Todes wegen Rechte herleiten will.
4. Stellt eine Urkunde nur die Abschrift des Testaments dar, führt ihre Vernichtung nicht zum Widerruf des Testaments.
5. Sind zwei Orignale eines Testaments vorhanden, schlägt die Vernichtung des einen Originals nicht auf das weitere Original durch.
Quelle → VOLLTEXT / OLG München / u.a. zu 31 Wx 269/19
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.11.2020 – I-3 Wx 198/20
Auslegung einer Schlusserbeneinsetzung in einem gemeinschaftlichen Testament bzgl. der Bezeichnung „die Kinder“
Verfügen Ehegatten, die Kinder aus Vorehen hatten, in einem gemeinschaftlichen Testament, mit welchem sie einander zu Alleinerben einsetzen, „Erst nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Elternteil sollen die Kinder uns zu ungefähr gleichen Teilen beerben.“, so kann die Auslegung ergeben, dass mit Kinder lediglich die im Haushalt lebenden Kinder des vorverstorbenen Ehemannes gemeint sein sollten und nicht auch das Kind der Erblasserin, zu dem zur Zeit der Errichtung des Testaments kein Kontakt bestand.
Quelle: Beck-Verlag / FGPrax 2021, 121 / beck-online
OLG Köln , Beschluss vom 18.5.2020 – 2 Wx 102/20
Zu den Anforderungen an die Unterschrift des Erblassers unter ein notariell errichtetes Testament
Leitsatz (aus RNotZ 2020, 344):
Für die Unterzeichnung eines notariell errichteten Testaments genügt es, wenn der Erblasser versucht, seinen Familiennamen zu schreiben und die Unterschrift aufgrund einer krankheitsbedingten Schwächung aus einem Buchstaben und einer anschließenden geschlängelten Linie besteht.
Quelle → VOLLTEXT / OLG Köln / 18.05.2020 / 2 Wx 102/20
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 15.10.2019, 5 W 61/19
Grundbuchverfahren: Voraussetzung der Beendigung einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung
Allein der Tod des Testamentsvollstreckers gemäß § 2225 BGB führt nicht zwingend auch zur Beendigung der Testamentsvollstreckung, sondern nur, wenn der erklärte oder durch Auslegung zu ermittelnde Wille des Erblassers dahin geht, dass sie nach dessen Ausscheiden nicht weitergeführt werden soll.
Die Testamentsvollstreckung endigt zudem mit der Erledigung aller dem Testamentsvollstrecker obliegenden Aufgaben. Dieser ergeben sich sich regelmäßig aus der letztwilligen Verfügung, in der die Einsetzung erfolgte, wobei der Umfang ggf. durch Auslegung (§ 133 BGB) ermittelt werden muss.
Quelle → VOLLTEXT / OLG SAARBRÜCKEN / 15.10.2019 / 5 W 61/19