Wer, wie wir, im Verkehrsrecht (wir denken an den Unfallschaden, die Unfallrekonstruktion, Messfehler im Bußgeldverfahren, Wahrnehmbarkeitsbetrachtungen …) intensiv tätig ist, der hat tagtäglich mit Gutachten jeglicher Art zu tun. Und da es ganz offensichtlich so wirklich ohne Gutachten oft nicht geht, wollen wir mal damit anfangen, immer wieder einen aktuellen Blick in die Rechtsprechung zu auch diesem Thema zu werfen. Na dann wollen wir mal…
BGH, Urteil vom 12.03.2024 – VI ZR 280/22
Die Grundsätze zum Werkstattrisiko, die der Senat in seinen Urteilen vom 16. Januar 2024 – VI ZR 253/22 und VI ZR 239/22 für überhöhte Kostenansätze einer Werkstatt für die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs fortentwickelt hat, gelten auch für überhöhte Kostenansätze eines Kfz-Sachverständigen, den der Ge-schädigte mit der Begutachtung seines Fahrzeugs zur Ermittlung des unfallbedingten Schadens beauftragt hat.
Darauf sich beziehend
AG München, Beschluss vom 26.04.2024, 338 C 15450/24
Ausführlich auch
AG Coburg, Urteil vom 22.04.2024, 11 C 496/24
Ein aktueller Dauerbrenner (und hoffentlich verstehen es die Versicherungen dann auch endlich mal):
Die Mitgliedschaft im BVSK ist keine Voraussetzung dafür, dass der Gutachter die BVSK-Honorartabelle bei seiner Gebührenabrechnung heranziehen kann!
Und hier, um nur einige, bestätigende Urteile zu nennen:
AG München, Urteil vom 29.04.2024, 231 C 20466/23 (2)
AG Landstuhl, Urteil vom 30.08.2024, 4 C 108/24
AG Dillingen a.d. Donau, Urteil vom 12.04.2024, 2 C 438/23
AG Reutlingen, Urteil vom 25.06.2024, 121 C 573/24
OLG Saarbrücken, Urteil vom 3.5.2024 – 3 U 13/23
Unfallschadengutachten und Vorschäden / fahrlässig unterlassene Korrektur
1. Durch einen Verkehrsunfall entstandene Sachverständigenkosten sind nicht ersatzfähig, wenn das Gutachten infolge nicht berücksichtigter Vorschäden unbrauchbar ist und der Geschädigte dies zu vertreten hat. Die Grundsätze zum Sachverständigenrisiko ändern hieran nichts.
2. Der Geschädigte hat die Unbrauchbarkeit des Gutachtens zu vertreten, wenn er es nach dem Erhalt des Gutachtens versäumt hat, den Sachverständigen auf einen von diesem nicht berücksichtigten Vorschaden hinzuweisen und auf eine Berichtigung bzw. Ergänzung des Gutachtens hinzuwirken, obwohl die Berücksichtigung des Vorschadens sich aus seiner Sicht aufdrängen musste.
3. Dies gilt auch dann, wenn der Sachverständige auch den Vorschaden
begutachtet hat, aus nicht aufgeklärten Gründen aber bei dem erneuten Gutachten den Vorschaden von sich aus nicht berücksichtigt hat.
Aus den Urteilsgründen zu 3.
Hieran ändert nichts, dass der Sachverständige … bereits ein Gutachten über den Vorschaden erstellt hatte. Zwar kann der Geschädigte grundsätzlich darauf vertrauen, dass ein Sachverständiger, der schon einmal einen Vorschaden an dem Fahrzeug begutachtet hat, diesen auch ohne ausdrücklichen Hinweis bei der erneuten Begutachtung beachten und in die Schadenskalkulation einfließen lassen wird (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 5.3.2019 – 1 U 84/18, Rn. 19, juris). Das Vertrauen enthebt den Geschädigten jedoch nicht von der Obliegenheit, das sodann erstattete Schadensgutachten darauf hin zu prüfen, ob der Vorschaden tatsächlich Berücksichtigung gefunden hat, und eine etwaige Nichtberücksichtigung gegenüber dem Sachverständigen zu beanstanden. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Nichtberücksichtigung offen zu Tage tritt, wie es hier mit Blick auf den in dem Schadensgutachten enthaltenen – ausgehend von der Behauptung des Klägers zu einer im Vorfeld erfolgten Aufklärung des Sachverständigen offensichtlich unzutreffenden – Vermerk, Vorschäden seien laut Fahrzeughalter nicht vorhanden, der Fall ist.
Quelle Leitsatz 3: VRR 2024, Heft 8, Seite 21
AG Wolfenbüttel, Urteil vom 20.12.2023, 17 C 87/23
BVSK-Honorartabelle ist auch für nicht BVSK-Gutachter anwendbar
Der Sachverständige kann sich unabhängig davon, ob er Mitglied des Berufsverbandes ist oder nicht, bei seiner Honorarrechnung an der Tabelle des BVSK orientieren.
AG Weißenfels, Urteil vom 27.10.2023, 1 C 219/23
Der Geschädigte ist in der Wahl des Sachverständigen frei.
Die BVSK-Honorarbefragung (hier 2022) ist geeignete Schätzgrundlage zur Bestimmung der Gutachterkosten.
AG Coburg, Urteil vom 21.08.2023, 12 C 1193/23
Gericht bestätigt auch die (ganzen) Nebenkosten bei der Sachverständigenvergütung
a) Schreib- und Kopierkosten (hier nach BVSK-Honorarbefragung)
Selbst wenn ein Gutachten nur elektronisch erstellt und versandt sein sollte, sind die Schreibkosten erstattungsfähig. (Hierzu siehe so auch LG Coburg, Urteil vom 18.03.2022, 32 S 8/22).
b) Fotokosten (hier nach BVSK-Honorarbefragung)
Unabhängig von der Frage der unterbliebenen Verkörperung des
Gutachtens sind als Pauschalbetrag danach grundsätzlich 2,00 € pro Lichtbild ersatzfähig.
c) Porto-/Telefonkosten (hier nach BVSK-Honorarbefragung)
Die Vereinbarung einer Porto- und Telefonkostenpauschale ist üblich und auch die Höhe von 15,00 € ist nicht zu beanstanden (siehe so LG Coburg, Urteil vom 18.03.2022, 32 S 8/22).
d) Fahrtkosten
Zuerkannt wurden hier 0,85 € je Kilometer (so abgerechnet, wenn auch über der BVSK-Honorarbefragung = 0,70 € / km liegend).
(Hinweis: Die Rechtsprechung orientiert sich übrigens nicht am JVEG, sondern an der ADAC-Autotabelle.)
e) Restwertermittlung
Die Kosten für die Inanspruchnahme einer Restwertbörse sind grundsätzlich ebenfalls erstattungsfähig. Die Kosten sind nicht mit dem Grundhonorar abgedeckt, sondern zusätzliche
Leistungen (so auch LG Coburg, Urteil vom 18.03.2022, 32 S 8/22).
f) Lackschichtendickenmessung
Die abgerechneten Kosten für die Lackschichtendickenmessung in Höhe von 40,00 € sind erstattungsfähig, weil eben auch erforderlich (dienen der Überprüfung von (reparierten) Vorschäden und von daher wesentlich für die Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes).
g) EDV-Kosten WinValue
Auch die Kosten für die Nutzung eines EDV-Systems für die Ermittlung des
Wiederbeschaffungswertes (hier über WinValue erfolgt) in Höhe von 5,00 € sind zu erstatten, zumal diese Nutzung kostenpflichtig ist.
Quelle: nach BVSK-Info 2023, Nummer KW 46
AG Gummersbach, Urteil vom 19.02.2024, 16 C 282/23
Der HB-V-Korridor der BVSK-Honorarbefragung ist einschlägige Berechnungsgrundlage für das Grundhonorar.
AG Bonn, Urteil vom 05.12.2023 – 113 C 19/23
Das JVEG ist taugliche Schätzgrundlage für die Nebenkostenabrechnung eines KFZ-Sachverständigen
und die Schreibkosten sind nicht im Grundhonorar enthalten.
AG Neu-Ulm, Urteil vom 19.09.2023, 5 C 269/23
Das Grundhonorar bemisst sich nach der Schadenhöhe und nicht nach dem Zeitaufwand, so sich der Sachverständige für die Bemessung anhand der Schadenhöhe entscheidet.
AG Schwandorf, Urteil vom 19.06.2023, 2 C 722/22
Wohnmobilschadengutachten ist Sondergutachten
Da die Kalkulation von Reparaturkosten für ein Wohnmobil in Sandwichbauweise deutlich komplexer ist und die gängigen Kalkulationsprogramme (z.B. AUDATEX, DAT und viele andere) die Ersatzteilpreise und Arbeitszeiten nicht beinhalten, sind höhere Gutachterhonorare nachvollziehbar. Aus diesem Grunde ist die BVSK-Honorarbefragung insoweit keine geeignete Schätzgrundlage für die berechtigte Höhe der Gutachtenkosten.
Das AG Schwandorf wendete hier stattdessen das Honorartableau CGF e.V. des Caravaning Gutachter Fachverband an.
Weiterer Hinweis zu den Entsorgungskosten bei einem solchen Wohnmobil:
Die Entsorgung nach einer Wohnmobilreparatur ist deutlich aufwendiger, da Auf- und Anbauteile in Sandwichbauweise bei der Entsorgung in ihre Bestandteile Holz, Aluminium und Dämmmaterial zerlegt werden und getrennt voneinander aufbewahrt werden müssen. Hier gelangt das AG Schwandorf zu Entsorgungskosten von 500 EUR.
AG Ansbach, Urteil vom 15.08.2023, AZ: 3 C 316/23
Wenn der Versicherer kürzt, denn ist eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen erforderlich und vom Versicherer zu bezahlen
Aus den Gründen:
Dies gilt auch für die streitgegenständlichen Kosten des Ergänzungs-Gutachtens, nachdem die Beklagte durch Vorlage des Prüfberichts Einwendungen zur Schadenshöhe erhoben hat. Der Kläger durfte die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Schadensgutachters zur Auseinandersetzung mit den erhobenen Einwendungen als sachdienlich erachten, nachdem ihm selbst eine Beurteilung dieser Einwendungen ohne sachverständige Hilfe nicht möglich war (so auch LG Saarbrücken, NJW-RR 15,721).
ebenso:
LG Bonn, Urteil vom 25.04.2024, 17 O 102/23
AG Krefeld, Urteil vom 15.06.2023 – 10 C 48/23
Kein Ersatz von Sachverständigenkosten bei Nähe zur Reparaturwerkstatt (hier: Sachverständiger ist Inhaber der Reparaturwerkstatt)
OLG Hamm, Beschluss vom 11.04.2022, 7 U 33/21
Vorschäden beim Gutachter verschwiegen – das Gutachten wird unbrauchbar
Das Verschweigen von Vorschäden gegenüber dem eigenen Privatgutachter führt dann nicht zur Unbrauchbarkeit des Privatgutachtens und schließt damit einen Ersatzanspruch des Geschädigten nicht aus, wenn die von ihm verschwiegenen Vorschäden die Bestimmung des Wiederbeschaffungswerts nicht beeinflusst haben.
Quelle: zfs 2022, 623
AG München, Urteil vom 30.09.2021 – 335 C 24046/20
Erstattungsfähigkeit von Kfz-Sachverständigenkosten nach Verkehrsunfall – Abrechnung über den üblichen Sätzen
1. Den mit der Erstellung eines Schadengutachtens beauftragten Sachverständigen trifft gegenüber dem Geschädigten als seinem Auftraggeber die Nebenpflicht aus dem Gutachtenauftrag, spätestens in der Honorarrechnung schriftlich darauf hinzuweisen, wenn er über den üblichen Sätzen gem. § 249, § 633 Abs. 2 BGB abrechnet und deshalb für den Auftraggeber die Gefahr besteht, dass der gegnerische Haftpflichtversicherer den überschießenden Betrag nicht bezahlt (Anschluss an OLG München BeckRS 2016, 4574 Rn. 18).
2. Falls der Geschädigte vom Sachverständigen nicht ordnungsgemäß aufgeklärt wurde, bekommt der Geschädigte – nicht aber der klagende Sachverständige (§ 242 BGB) – in Fällen subjektiver Schadensbetrachtung bis zur Grenze der Evidenz die volle Kostenrechnung des Sachverständigen erstattet, ist aber verpflichtet, seine Rückforderungsansprüche gegenüber dem Sachverständigen an den Versicherer/den Schädiger abzutreten (Anschluss an OLG München BeckRS 2016, 4574 Rn. 19).
OLG Zweibrücken, Beschluss 12.01.2021, 8 U 89/17
Haftung eines Kfz-Sachverständigen gegenüber der schadensregulierenden Kfz-Haftpflichtversicherung für eine fehlerhafte Restwertermittlung
1. Ein Gutachter, der in von ihm zu verantwortenden Weise ein fehlerhaftes Gutachten erstattet, ist zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet. Anspruchsberechtigt ist nicht nur der Besteller des Gutachtens, wenn und soweit er geschädigt ist, sondern jeder in den Schutzbereich des Gutachtens einbezogene Dritte.
2. Personen, die über eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügen und in dieser Eigenschaft eine gutachterliche Stellungnahme abgeben, haften nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gegenüber Personen, denen gegenüber der Auftraggeber des Gutachtens bestimmungsgemäß Gebrauch macht. Entscheidend dabei ist, ob der Sachverständigen nach dem Inhalt des Auftrags damit rechnen musste, dass sein Gutachten gegenüber Dritten verwendet und von diesen zur Grundlage einer Entscheidung über Vermögensdispositionen gemacht werde.
3. Sachverständige, die ohne staatliche Anerkennung gutachterlich tätig werden, haften nicht nur gegenüber ihrem Vertragspartner, sondern auch Dritten gegenüber für die Richtigkeit ihres Gutachtens, wenn der Auftrag zur Erstattung des Gutachtens nach dem zugrunde legenden Vertragswillen der Parteien den Schutz Dritter umfasst.
4. Zwar genügt es grundsätzlich im Rahmen der Restwertermittlung, wenn der Kfz-Sachverständige drei Angebote als Schätzgrundlage einholt.
Er muss aber auch überprüfen, ob diese Angebote realistisch sind und dem Gutachten zu Grunde gelegt werden können.
5. Zwar ist zu berücksichtigen, dass ein bei einer Restwertfestsetzung ermittelter Betrag nicht ohne Weiteres als der einzig Richtige angesehen werden kann.
Dem Sachverständigen steht vielmehr ein Beurteilungsspielraum zu, innerhalb dessen eine gewisse Bandbreite von Restwerten als sachgerecht angesehen werden muss.
Dieser Bereich wird aber eindeutig verlassen, wenn die festgestellte untere Wertgrenze um mehr als die Hälfte unterschritten wird. In diesem Fall liegt eine Fehleinschätzung vor, die angesichts der Größe der Abweichung dem Kfz-Sachverständigen auch subjektiv zuzurechnen ist.
Zu berücksichtigender Restwert von mindestens 12.000 €
Quelle → zum VOLLTEXT geht es HIER lang
Und noch ein Hinweis von uns:
Die Versicherungen zitieren zu diesem Themenkreis gern die Entscheidung des LG Frankenthal vom 29. Juni 2017, 7 O 353/16. Dabei handelt es sich aber um die erstinstanzliche Entscheidung, also denselben Rechtsstreit.
Die Berufung, im Nachklang zum obigen Hinweisbeschluss, wurde zurückgewiesen mit
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.03.2021, 8 U 89/17
LG Hamburg, Urteil vom 22.01.2015, 323 S 7/14
Der Geschädigte kann Ersatz der Kfz-Sachverständigenkosten in voller Höhe verlangen, es sei denn, ihm musste sich bei der Beauftragung des Sachverständigen aufdrängen, dass Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinanderstehen, weil das Entgelt «deutlich erkennbar» beziehungsweise «erkennbar erheblich» über den üblichen Preisen liegt. Das Landgericht Hamburg ist der Meinung, dass die Frage, ob eine solche Überhöhung vorliegt, anhand des Gesamtrechnungsbetrages und nicht anhand der einzelnen Position zu beurteilen ist.
AG Bonn, Urteil vom 17.06.2015, 110 C 194/15
Die übliche Vergütung eines Kfz-Sachverständigen nach § 632 Abs. 2 BGB ist anhand des HB-V-Korridors der BVSK-Befragung zu ermitteln. Wird die Bandbreite dieses Korridors überschritten, ist das marktübliche Honorar innerhalb dieser Bandbreite durch arithmetisches Mittel festzulegen.
AG Wismar, Urteil vom 17.02.2018, 2 C 190/17
Auch das AG Wismar schützt Geschädigte und Gutachter
Bei der Beauftragung eines Sachverständigen zur Schadensfeststellung handelt es sich im Sinne von § 249 BGB um Schadensbeseitigungskosten. Diese sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und dann zu ersetzen, wenn ein verständiger, wirtschaftlich denkender Geschädigter diese Kosten für zweckmäßig und erforderlich halten durfte.
Eine Verpflichtung des Geschädigten, vor der Beauftragung des Sachverständigen eine Kostenrecherche durchzuführen, besteht nicht. Wie auch das Werkstattrisiko trägt der Schädiger das Honorarrisiko der Sachverständigen, wenn der Geschädigte nach seinen Erkenntnismöglichkeiten davon ausgehen konnte, dass die Sachverständigenkosten die üblichen Preise nicht übersteigen.
BGH, Urteil vom 28.02.2017, VI ZR 76/16
Der verständige Geschädigte, der keine Honorarvereinbarung trifft und den Schadensersatzanspruch bei Erteilung des Gutachtenauftrages abtritt, wird im Regelfall davon ausgehen, dass dem Sachverständigen die übliche Vergütung zusteht.
BGH, Urteil vom 13.01.2009 – VI ZR 205/08
Die korrekte Restwertermittlung
Der vom Geschädigten mit der Schadensschätzung beauftragte Sachverständige hat bei der Ermittlung des Fahrzeugrestwerts grundsätzlich nur solche Angebote einzubeziehen, die auch sein Auftraggeber berücksichtigen müsste.
Aus den Gründen:
Auch wenn der Sachverständige weiß, dass im Regelfall das Gutachten als Grundlage der Schadensregulierung dient und Auswirkungen für den Haftpflichtversicherer haben kann, reichen die Rechte des in die Schutzwirkung des Vertrages einbezogenen Dritten nicht weiter als die des Vertragspartners selbst. Maßgebend ist dafür der Inhalt des Vertrags des Geschädigten mit dem Sachverständigen. Beauftragt der Geschädigte – wie im Streitfall – den Gutachter mit der Schadensschätzung zum Zwecke der Schadensregulierung, hat der Sachverständige das Gutachten unter Berücksichtigung der geltenden Rechtsprechung zum Schadensersatz bei KFZ-Unfällen zu erstellen. Zu weiteren Erhebungen und Berechnungen ist der Sachverständige auch nicht im Interesse des Haftpflichtversicherers des Unfallgegners verpflichtet.
Soweit die Revision die Auffassung vertritt, der Schadensgutachter habe die optimale Verwertungsmöglichkeit unter Einschluss der Online-Börsen zu ermitteln, verkennt sie, dass der Gutachtensumfang durch den Gutachtensauftrag und nicht durch das Interesse des Haftpflichtversicherers des Unfallgegners an einer besonders Kosten sparenden Schadensabrechnung bestimmt wird.
Hinweis (von uns): Dieses Urteil wird von einigen Versicherern immer mal wieder falsch dargestellt bzw. im falschen Zusammenhang zitiert.
und zum Thema Gutachten und Restwertermittlung auch noch
BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 – VI ZR 318/08
Der vom Geschädigten mit der Schadensschätzung zum Zwecke der Schadensregulierung beauftragte Sachverständige hat als geeignete Schätzgrundlage
für den Restwert im Regelfall drei Angebote auf dem maßgeblichen regionalen Markt zu ermitteln und diese in seinem Gutach-ten konkret zu benennen.
(sonstige) Grundsatz-Urteile zur Höhe der Sachverständigenkosten:
BGH, Urteil vom 26. April 2016, AZ. VI ZR 50/15
OLG Bamberg, Urteil vom 23.02.2017, 1 U 63/16 (gegen die HUK-COBURG)
BGH, Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15
BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13